Samstag, 31. Januar 2015

Die Wetterhexe dreht durch

Nachdem das Wetter in St Andrews durchaus reiseförderlich war, beschloss ich, dass Ausflügen im Januar ebenso wenig (oder genauso viel) entgegenzusetzen seien wie Ausflügen im November und entschied, auch am ISUK-Ausflug dieses Wochenende teilzunehmen. Amelie war dieses Mal auch wieder mit von der Partie. Also kaufte ich die Tickets und beschloss, dass wir gutes Wetter haben würden. Heute hatten wir dann alle vier Jahreszeiten und sämtliche Wetterlagen an einem Tag.
die Discovery

Wie üblich ging es um acht Uhr los. Nach 90 Minuten erreichten wir Dundee, die viertgrößte Stadt Schottlands, die aber eigentlich ziemlich winzig ist. Dundee liegt am Fluss Tay und dort passierte das Zugunglück auf der Eisenbahnbrücke, das Theodor Fontane zu seiner Ballade "Die Brück' am Tay" inspirierte (die habe ich ja schon mal im Post zum Highland Experience Day erwähnt). Außerdem wurde die RSS Discovery, mit der die erste offizielle britische Antarktisch-Expedition 1901 bis 1904 durchgeführt wurde, in Dundee gebaut und ist dort heute auch ausgestellt. Von dieser Expedition wurden Pinguin-Eier mitgebracht, weswegen die Stadt verrückt nach Pinguinen ist. 
Ich hatte schon verschiedene Fotos von den Pinguinen vor der Steeple Church gesehen und wollte auch unbedingt eins (oder mehrere) machen. Da sich aber die gesamte Reisegruppe zuerst zu den Pinguinen aufzumachen schien, beschlossen Amelie und ich, uns zuerst etwas Anderes anzusehen. Unser erstes Ziel waren die McManus Galleries, ein neogotisches Gebäude mit einer imposanten Treppe, auf der man sich sehr herrschaftlich fühlte. Natürlich konnten wir es nicht lassen, da Fotos zu machen. Danach gingen wir zum Tay und schauten uns das Schiff an.

McManus Galleries


Erst dann hatten wir bei den Pinguinen freie Bahn und haben eine ausführliche Fotosession gemacht. Wer kann es sich schon verkneifen, hinter einer Reihe Pinguine selbst einen von ihnen zu mimen? Richtig, niemand. Und nicht nur wir, sondern auch unsere plüschigen Reisebegleiter mussten posieren. Ein kleines Kind, vielleicht zwei Jahre, sah staunend zu, wie wir die Tierchen zwischen den Pinguinen drapierten. Aber es hat sich vorbildlich verhalten und die Kuscheltiere nicht angerührt.





Nach der Fotoaktion mussten wir auch schon wieder zurück in Richtung Bus und haben es dadurch nicht mehr zu der Eisenbahnbrücke geschafft. Unser Bus stand übrigens direkt am Capitol - ich wusste gar nicht, dass Panem in Schottland liegt. ;-)
Von Dundee aus fuhren wir zum Dunnottar Castle, eine Burgruine direkt an der Nordsee. Sie diente als Inspiration für die Burg in Merida. Amelie und ich stellten uns den Aufenthalt der Burg folgendermaßen vor: An den Klippen entlang spazieren, zum Strand, der auf dem Itinerary erwähnt wurde, herunter gehen, die atemberaubende Sicht auf Burg, Klippen und Nordsee genießen und ganz ganz viele tolle Fotos machen. Auf dem Weg zur Burg wurde uns aber schon mitgeteilt, dass sie wegen des Windes geschlossen sei. Nun ja, wir wollten ja nicht rein.

Als wir am Castle ankamen, sah das Wetter auch vielsprechend freundlich aus, aber kaum hatten wir den Bus verlassen, merkten wir, wie stark der Wind wehte. Ich richtete meine Kleidung windfest (Kapuze meiner Sweatshirtjacke auf, Mütze drüber und auch der Schal außen um die Kapuze herum), merkte aber, dass meine Stulpen, die meine Hände und Finger in Deutschland immer herrlich warm halten, nicht viel nutzten, weil der Wind trotzdem einen Weg zu meinen Fingern fand. Das war aber mein geringstes Problem. Der Wind war so kräftig, dass wir fast fürchteten, umgeweht oder direkt von der Klippe gefegt zu werden. 



 



Aber abgesehen vom Wind war das Wetter in Ordnung und so gingen wie die Stufen Richtung Burg herunter. Die Burg steht auf einer Klippe, aber um zu ihr zu gelangen, muss man erst einen Hügel herunter gehen, bevor man wieder zu Burg hinaufsteigen kann. Wir wollten aber nicht zur Burg (die ja eh geschlossen war), sondern zur der kleinen Buch unterhalb. Das letzte Stück des Weges führte einen schlammigen, teilweise begrasten Abhang herunter, den Amelie und ich geradezu graziös bewältigten - besonders im Vergleich zu einigen anderen Mädels, die ein bisschen alltagsunfähig wirkten (Nein, man rutscht nicht auf dem schlammigsten Teil des Wegs herunter, nur weil der in der Mitte ist...). An Steinstrand beobachteten wir fasziniert die Wellen, die gegen die Klippen und Felsen schlugen und guckten ungläubig dabei zu, wie zwei Jungs aus unserer Gruppe in die eiskalte Nordsee sprangen.

Als wir den Abhang und die Stufen wieder hoch kletterten, begann es zu regnen. Und dann kamen noch ein paar Schneeflocken oder winzige Hagelkörner dazu. Amelie entschied sich, zurück zum Bus zu gehen, aber ich wollte mir das Castle unbedingt noch aus einer anderen Perspektive ansehen. Trotz des ungemütlichen Wetter ging ich also auf die andere Seite und ließ mir Regen, Schnee und Hagel um die Ohren pfeifen.
Irgendwann wurde das aber auch mir zu viel und ich ging zurück zum Bus. Natürlich wurde es in dem Moment weniger und hörte kurze Zeit später ganz auf. Die Sonne kam raus und Amelie konnte sogar ein Foto machen, ohne dass sie zum Eiszapfen gefror, weil sie ihre Jacke nicht an hatte. Aber kaum saßen wir wieder im Bus, schlug das Wetter wieder um. Verrückt.




Für die Geschichtsfans ein paar Worte zur Burg: Die meisten der heute vorhandenen Gebäude stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert, aber es stand schon viel früher eine Festung an diesem Ort. Während des Civil War im 17. Jahrhundert wurden dort die Kronjuwelen vor Oliver Cromwell versteckt. Und während der Jacobite risings war die Burg ein strategisch wichtiger Punkt. 
Im Sturm - das Weiße ist nicht der Geist ;-)
Nach dem 18. Jahrhundert verfiel die Burg allerdings, weil der damalige Earl Marischal auf der Seite der Jacobiter gekämpft und deswegen seine Titel verloren hatte.
Wie in jedem vernünftigen Schloss gibt es auch hier einen Geist. Die "grüne Lady" soll die Burg nach ihren verlorenen Kindern absuchen.
Wir hatten sehr viel Zeit für das Dunnottar Castle, von der wir am Ende einen großen Teil im Bus verbracht haben und auf die letzten gewartet haben, die dem Wetter trotzten. 




Um zehn vor zwei kamen wir in Aberdeen an und hatten knapp zwei Stunden für die Stadt. Zuerst war es kalt und windig, aber immerhin trocken. Amelie und ich gingen zum Strand. Wieder ein toller Anblick, wie die Wellen auf den Strand rollten und die Gischt spritzte.


Auf dem Weg in die Innenstadt fing es an zu regnen. Also gingen wir zuerst etwas essen und haben uns dann die Stadt im Regen angesehen.
Aberdeen wird auch "Granite City" (oder "Silver City") genannt, weil die Häuser der Innenstadt alle grau sind. Wenn das Capitol sich in in Dundee befindet, ist Aberdeen also definitiv District 2. ;-) "Silver City" ist aber auf jeden Fall ein Euphemismus. Ich fand die Stadt irgendwie trostlos und monoton. Vielleicht lag es am Wetter oder daran, dass wir wegen des Mittagessens nicht besonders viel Zeit hatten, irgendetwas zu sehen. Allerdings waren Amelie und ich auch in der Touristeninformation und haben nach Postkarten geguckt. Ich habe keine gefunden, die mir gefallen hat. Amelie hat eine gekauft. Irgendwie merkt man, dass Aberdeen eine Industriestadt ist, auch wenn die Gebäude nicht unbedingt modern sind. Im April werde ich Marit auf den Orkneys besuchen und dafür die Fähre von Aberdeen aus nehmen. Vielleicht macht die Stadt dann ja einen besseren Eindruck auf mich.






Aberdeen ist eine reiche Stadt, weil hier die Ölfirmen angesiedelt sind (es ist die Stadt mit der geringsten Arbeitslosenquote im UK). Vom Hafen aus hätten wir wohl die Ölplattformen sehen können, aber so weit sind wir gar nicht gekommen.
Komplett durchgefroren und pudelnass ging es um zwanzig vor fünf zurück nach Glasgow. Nein, es war nicht so schlimm wie die Tour nach Oban und zur Isle of Seil. Aber heute vermisse ich schmerzliche eine Badewanne.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen