Montag, 22. Dezember 2014

Pantomime mit viel Gesang

Manchmal ist die englische Sprache doch komisch. Mince Pies enthalten keinen Krümel Hackfleisch (mince meat) und eine Pantomime ist mitnichten eine Darbietung eines Mannes mit weißem Gesicht, der eine imaginäre Glasscheibe putzt, sondern eine Mischung aus Weihnachtsmärchen und Kasperletheater (von wegen der Zuschauerbeteiligung) mit viel Tanz, Gesang und mindestens einem Travestie-Künstler. Das mag merkwürdig klingen, erfreut sich hier aber sehr großer Beliebtheit.
Eine meiner Dozentinnen in Deutschland hat ein Pantomime-Stück geschrieben, das man in der letzten Stunde vor Weihnachten immer bei ihr im Kurs spielen muss. Ich habe das zweimal miterlebt, habe aber nicht so viele Gedanken daran verschwendet, bis ich hier die ersten Flyer für Cinderella mit John Barrowman (der aus Doctor Who und Torchwood und nein, er spielt nicht Cinderella) gesehen habe.

Am Samstag habe ich es mir angeguckt und ich muss sagen, es war kulturwissenschaftlich sehr spannend und auch so recht unterhaltsam. Etwa die Hälfte des Publikums bestand aus Kindern, von denen 90% ein leuchtendes Spielzeug dabei hatten. Viele Leute trugen einen Christmas jumper, Weihnachtsmannmützen oder weihnachtliche Haarreifen (ja, die Mode zu Weihnachten hier ist etwas gewöhnungsbedürftig).
Die Handlung der Inszenierung ist grundsätzlich die des Märchens (bzw. der Disney-Variante) abgesehen davon, dass John Barrowman als Buttons, der beste Freund von Cinderella, der aber eigentlich in sie verliebt ist, auftritt sowie das schottische Komiker-Duo The Krankies, die eigentlich keine wirkliche Rolle haben (sie spielen Cinderellas Vater und Buttons Bruder Zip), aber für den größten Teil der Komik in dem Stück sorgen. Cinderellas Stiefschwestern werden von zwei Drag Queens gespielt. Es kommt auch eine riesige Spinne drin vor, die an einer Stelle über den ersten Reihen im Publikum schwebte. Das fand ich etwas unangenehm. Ich habe schließlich den Herrn der Ringe geguckt und weiß, wozu diese Viecher fähig sind. ;-)
Die Lieder sind größtenteils Popsongs. Zum Beispiel singen die Stiefschwestern am Anfang "Born this way" von Lady Gaga und zwischendurch schwingt die Frau aus dem Krankie-Duo (die übrigens so winzig ist, dass sie normalerweise einen zehnjährigen Schuljungen spielt) im Miley Cyrus-Stil auf einem "Wrecking Ball" (grauer Gymnastikball an einer Kette) über die Bühne.
Extrem cool fand ich, dass sie viele Bezüge zu Glasgow drin hatten. Es werden Stadtteile mit in die Handlung eingeflochten, die Commonwealth Games, der Ryders Cup und die EMA Avards erwähnt und wir wurden alle im "Sexy" (SECC - entweder spricht man jeden Buchstaben einzeln oder das Ganze als Wort, aber wenn man nur die ersten drei Buchstaben zusammen und das letzte C einzeln spricht, kommt  "Sec-ce" = "sexy" dabei raus) begrüßt. Natürlich wird auch das Referendum erwähnt und "Wee William Wallace" tritt auf und Buttons Bruder erzählt, dass sein Ur-ur-ur...Großvater bei der Schlacht von Bannockburn verwundet wurde (wichtige Schlacht der Schotten gegen die Engländer, bei der sie gewonnen haben), allerdings nicht weil er für die Unabhängigkeit gekämpft hat, sondern weil er nebenan gezeltet hat und sich über den Lärm beschwert hat. Ich nehme an, dass das und andere Sachen die das Komiker Duo erzählt, größtenteils bekannte Witze sind, weil ich einige davon aus anderen Kontexten kannte. Gegen Ende treten John Barrowman und die Krankies in Kilts auf und singen zusammen mit der Fairy Godmother eine... modernisierte und schottische Fassung von "Twelve Days of Christmas". In der Originalversion heißt es immer "On the (x) day of Christmas my true love sent to me..." und dann werden Sachen aufgezählt, der mehr oder weniger Sinn machen: ein Rebhuhn in einem Birnenbaum, zwei Tauben, eine bestimmte Anzahl Tänzer usw. Es wird von eins bis zwölf durchgezählt.
Bei der Version, die am Samstag gesungen wurde,  werden dann zum Beispiel vier Portionen Haggis oder zwölf Dosen Irn Bru verschenkt und anstelle der fünf Goldringe schwingt John Barrowman "Five lavy rolls" (Klopapierrollen), die dann natürlich ins Publikum flogen und er wiederholen musste. Er forderte eine Frau auf, sie ihm zuzuwerfen, er würde sie auffangen, aber sie solle nicht so hoch werfen, er hätte schließlich nicht gesagt, womit er sie auffangen würde... Na ja, er selbst trat am Anfang des Liedes auf, als es hieß "And a fairy in the top of the tree" (also anstelle des "patridge in a pear tree").
Viele der Witze, die gemacht wurden, waren eindeutig zweideutig. Ich fand das schon recht bemerkenswert, da sicher die Hälfte des Publikums Kinder waren. Sonst wird der Kinderschutz hier doch so ernst genommen. Bei Filmen wird nicht nur vor Gewalt und Erotik sondern auch vor "böser" Sprache gewarnt. Und hier interessierte es scheinbar niemanden, dass auf der Bühne Scherze darüber gemacht wurde, dass einer unter dem "Cover" seine "Trumpet" verloren hat. Aber klar, solche Scherze gehen an den Kindern natürlich vorbei. Ziemlich zu Beginn des Stückes wünschte John Barrowman den Eltern schon viel Spaß auf dem Nachhauseweg, wenn sie ihren Kindern im Auto alles erklären müssten. Das war nachdem das erwachsene Publikum über eine Sache gelacht hatte, die nicht mal zweideutig gemeint war. Angeblich. Vermutlich war das meiste, das wie Ausrutscher wirkte, eingeprobt, aber es kam auf jeden Fall spontan über. Ich bin mir nicht sicher, ob das Versingen der Fee beim Weihnachtslied ("eight" anstelle von "four) geplant war oder nicht.
Manche der Scherze waren allerdings schon etwas platt. An einer Stelle treten die Stiefschwestern und Buttons als Showtänzerinnen mit riesigen künstlichen (natürlich, es waren ja alles Männer) und singenden Brüsten auf. Dabei klappten die Brüste wie Münder auf und zu. Das fand ich dann schon etwas verstörend.
Was ich zu Beginn mit einer Mischung aus Weihnachtsmärchen und Kasperletheater meinte, ist, dass das Publikum ganz viel bei der Aufführung eingebunden wird. Sie buhen die bösen Charaktere aus, sagen "Aaaaaaaaaw" wenn der Protagonist über seine Liebe spricht oder das Herz gebrochen bekommt, und immer, wenn ein Charakter etwas wie "Oh, no, I won't!" sagt, ruft das ganze Publikum: "Oh, yes,  you will!". Der Charakter sagt dann wieder "Oh, no, I won't!" und das geht dann ein paarmal hin und her. Außerdem kommt die normale Kinder-/ Kasperletheater-Kommunikation vor, bei dem die Kinder dem Protagonisten erklären müssen, was gerade passiert ist. ("Also Cinderella wurde von den bösen Stiefschwestern in den Keller gesperrt?") Unser Publikum war aber, was das betraf, ziemlich lahm, so dass John Barrowman meinte, er sei froh, dass zumindest die zwei "lassies" (Schottisch für Mädchen) in der ersten Reihe aufgepasst hätten.
Ich saß übrigens in der dritten Reihe. Damit hatte ich mehr ausgegeben, als ich eigentlich wollte, aber ich war froh, überhaupt noch eine Karte bekommen zu haben. Die dritte Reihe war ziemlich gut für die Sicht - ich konnte dem Klavierspieler fast auf das Notenblatt gucken - allerdings auch in der Reichweite der Sachen, die auf der Bühne abgingen. Bei den Twelve Days of Christmas spritzten John Barrowman und die Frau der Krankies mit Wasserpistolen herum und natürlich wurden wir in den ersten Reihen nass. Außerdem schneite es am Ende des ersten Teils Schaumschneeflocken, die Spinne versprühte irgendwelche Kreppbänder und ganz am Ende des Stücks flogen viele bunte Streifen ins Publikum, die die Kinder dann alle einsammelten. Die Kinder waren echt putzig. Vor allem die Kleine neben mir - etwa zwei Jahre alt und sie verfolgte das Stück mit offenem Mund bis zum Schluss dann die bunten Bänder auf dem Boden viel spannender waren. Ich fand es aber schon sehr lustig und ich habe etwas über die britische Kultur gelernt. Also bildungs- und unterhaltungstechnisch ein voller Erfolg. :-D

Sonntag, 21. Dezember 2014

See, in Germany...

Die Koordination mit den Grundschulen ist schwierig, weil es mehrere sind, die mit nur einem Tag in der Woche für alle unter einem Hut gebracht werden müssen, aber trotzdem war ich jetzt immerhin bei den meisten mehr als einmal da. Das ist nochmal was ganz anderes als in der High School - und das obwohl ich überwiegend die P6 oder P7 (also die letzten zwei Jahre an der Grundschule) sehe. Zweimal war ich auch bei einer Klasse der ganz Kleinen dabei. Die einen hatten Sport, die anderen Deutsch. Zum Sportunterricht müssen sich die Kleinen natürlich umziehen. Strumpfhosen und Knöpfe sind eine große Herausforderung, wenn man fünf oder in manchem Fällen sogar erst vier Jahre alt ist... Nach der Stunde versuchte ein Junge, den Rock seiner Nachbarin anzuziehen, weil er die Stapel vertauscht hatte, und bemerkte seinen Fehler erst als er die Lehrerin fragte, was er mit dieser merkwürdigen Schnalle machen solle. An dem Tag habe ich auch gemerkt, dass es gar nicht so blöd gedacht ist, dass unsere Kinder erst mit sechs Jahren eingeschult werden. Soweit ich mich erinnere, konnten wir uns in der ersten Klasse alle alleine anziehen. Hier musste die Lehrerin jedem zweiten Kind helfen. Das dauert bei einer Klasse mit knapp zwanzig Kindern natürlich. Ich hätte da keinen Nerv zu. Auf der anderen Seite muss man sagen, dass die Grundschulkinder sehr niedlich sind. So viele Zwerge, die da rumflitzen und einen mit großen Augen angucken, wenn die Lehrerin verkündet, dass ich aus Deutschland komme. Einmal war ich gerade drei Sekunden im Klassenzimmer, da kam auch schon eine P1-Schülerin angewuselt und sagte: "My Mum is having a baby!" Das ist doch wirklich putzig! Vermutlich hat sie das jedem Menschen erzählt, den sie getroffen hat. :-D
Zum Glück müssen sich die Kinder im Deutschunterricht nicht umziehen und ich werde vermutlich nicht mehr am Sportunterricht teilnehmen. Als ich dabei war, ging es erst mal darum, zu hospitieren und zu sehen, wie Unterricht an der Grundschule überhaupt läuft. Ich habe an jeder Schule betont, dass ich keine Erfahrung mit Grundschuldidaktik habe und dass ich das letzte Mal eine Grundschule von innen gesehen habe, als ich selbst noch Schülerin dort war. Auch, wenn die P7 Schüler so alt sind wie die Fünftklässler in Deutschland, ist die Art, wie unterrichtet wird, völlig anders als in Deutschland (viele Wiederholungen, sitzen auf dem Fußboden im Schneidersitz usw. allerdings werden auch recht häufig Videos aufgenommen oder Poster entweder mit dem iPad oder altmodisch auf Papier erstellt). Ich habe es für wichtig gehalten, ihnen das zu sagen, einmal, damit sie wissen, was sie von mir erwarten können und andrerseits, damit ihnen klar ist, dass sie mir was die Didaktik betrifft weit überlegen sind, während ich natürlich besser Deutsch kann. Eine Lehrerin hat in der ersten Stunde, in der ich hospitiert habe, mich immer gebeten, die Wörter auf Deutsch zu sagen und war dann ganz froh, festzustellen, dass ihre Aussprache nicht total für den Eimer ist. Mir haben die meisten Grundschullehrerinnen gesagt, dass ihr Deutsch leider nicht ganz so gut ist. Ich bin noch gespannt wie das wird.
In den letzten Wochen habe ich in den Grundschulen über Weihnachten in Deutschland gesprochen. Eine Klasse hat mir "Stille Nacht, heilige Nacht" auf Deutsch vorgesungen. Die Kinder in der Klasse sind total motiviert, nutzen Deutsch erstaunlich natürlich (sagen z.B. "Gern geschehen", wenn ich mich bei ihnen auf Englisch (!) bedanke) und haben sich letzte Woche total gefreut, mich zu sehen. Während der Freiarbeit wollten drei Jungen unbedingt mit mir Dame spielen und ein paar Mädchen haben mir Figuren aus Loom-Bändern gemacht. Die sind echt putzig.
In der Grundschule diese Woche wurde ich von zwei Klassen ins Weihnachts-Kreuzverhör genommen worden. Ob in Deutschland auch der Weihnachtsmann käme und ob Kinder ihm Kekse und Milch hinstellen würden. Welche Weihnachtslieder wir in Deutschland sängen und ob diese auf Englisch oder Deutsch seien. Ob es in Deutschland Krippenspiele gebe. Und und und... Jede Frage schien mit den Worten "See, in Germany..." zu beginnen. Ich finde es super, dass die Kinder so viele Fragen stellen. An der High School scheinen sie sich das nicht mehr zu trauen oder sie sind nicht mehr so neugierig. Allerdings habe ich die Fragen manchmal nur mit Schwierigkeiten verstanden, meistens weil die Kinder so leise gesprochen haben und die Schule akustisch eine Katastrophe ist. Die Lehrerin hat nur manchmal auf meine hilfesuchenden Blicke reagiert. :-D Bei einer Frage, wusste ich dann echt nicht, was ich antworten sollte. Wenn ich das richtig verstanden habe, wollte der Junge wissen, wie die ehemals englischen Weihnachtslieder auf Deutsch klingen würden (ich hatte ihnen erzählt, dass es z.B. für Rudolph mit der roten Nase Übersetzungen gibt). Aus Verlegenheit habe ich ihnen Rudolph auf Deutsch vorgesungen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich das noch bereuen werde, denn sicher hat irgendeiner meiner High School Schüler einen Bruder, eine Cousine oder ein Nachbarskind in der Grundschulklasse, das die Sache dann brühwarm weiter erzählt und ich nächste Woche oder nach den Weihnachtsferien gefragt werde, warum ich in der High School nie singe...

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Beinahe Halbzeit - ach du Schreck!

Gestern habe ich eine Mail von einer der Mitorganisatorinnen/ Unterstützerinnen des Assistenteneinsatzes auf britischer Seite bekommen, in der die Frau schrieb, dass unser Einsatz hier ja schon halb rum sei und wir deswegen dieses oder jenes machen sollten. Als ich das gelesen habe, bin ich aus alles Wolken gefallen. Es kann doch nicht sein, dass die Hälfte der Zeit schon vorbei ist!
Ein bisschen aufgerundet ist das von der Dame schon. Ich bin fast vier Monate hier und habe noch fünf vor mir. Aber trotzdem frage ich mich, wo die letzten vier Monate geblieben sind. Ich bin doch gerade erst angekommen! Und obwohl ich in letzter Zeit sehr viel gejammert habe, kann ich mir im Moment gar nicht vorstellen, irgendwo anders als hier zu sein. 
Viele Sachen, vor allem von der Uni, die mich in Deutschland beschäftigen würden, sind mir hier gar nicht wichtig. Seit zwei Monaten liegt mein Staatsexamenszeugnis Zuhause rum und ich habe jetzt erst meine Eltern gebeten, es doch mitzubringen, damit ich sehe, welche Note ich habe. Mit Sicherheit hätte ich meine Wohnungshüterin bitten können, für mich nachzusehen, aber ich dachte mir, dass ich ja warten kann. Schließlich habe ich das Ding bestanden. Amelie meinte gestern, sie wäre vor Neugierde gestorben. Joa, jetzt erfahre ich es ja bald.
Ich habe das Gefühl, hier in Schottland in einer Blase zu sein und manchmal zu vergessen, dass die Welt sich auch in Deutschland weiterdreht.

Dienstag, 16. Dezember 2014

Beruflich nach London

Vor ein paar Wochen lag ein Brief der UK-German Connection (ein britisch-deutsches Jugendwerk) in der Schule, dass ich mich als FLA-Ambassador bewerben könne. Als Erweiterung zu meiner normalen Tätigkeit kann ich damit ein bilaterale Projekt mit einem englischsprachigen Assistenten, der/ die gerade an einer deutschen Schule ist (ELA) durchführen. Ich fand es ganz interessant, habe mich kurz vor knapp beworben und bin tatsächlich genommen worden. Aus diesem Grund musste ich Ende Novemeber für Wochenende nach London, um dort an dem ersten FLA/ELA-Treffen teilzunehmen. Meine erste Dienstreise sozusagen. Die Reisekosten wurden/ werden mir erstattet. Das war irgendwie aufregend.
Die drei Tage in London waren aber echt nicht ohne. Aus Kostengründen (und weil ich keine Lust hatte, zu fliegen - vermutlich wäre mir auch der Flug finanziert worden, der wäre nicht viel teurer gewesen) bin ich mit der Bahn gefahren. Ich kam am Freitag gegen Mittag an und hatte deswegen noch Zeit, mich mit einem anderen FLA zum Kaffee trinken zu treffen, bevor es richtig los ging.
Nach ein paar Ice breaker-Spielen (und wieder habe ich bei dem Spiel "Finde jemanden, mit dem du Sachen gemeinsam hast" ein äußerst schlechtes Händchen bewiesen - mit Mühe und Not sind meine Partnerin und ich auf zwei Sachen gekommen, wir sollten drei finden) und Präsentationen über die UK-German Connection und Projekte des letzten Jahres war der Freitag auch schon rum und wir wurden im Bus zum Hotel gefahren, wo ich den Abend mit Marit von den Orkneys, Nina, einer FLA, die von der gleichen Uni wie Marit kommt und drei ELAs in Marits Zimmer verbracht habe, wo wir eigentlich Trival Pursuit spielen wollten, aber dann doch nur gequatscht haben.
Samstagvormittag ging es dann um zehn Uhr wieder los. Nach einer Sicherheitseinweisung ("Im Brandfall nehmen wir alle den Aufzug, weil im zweiten Stock gerade der Boden neugemacht wird." - ähm, alles klar) und einer Aufwärmübung (Stufe 1: alle männlichen Teilnehmer gehen durch den Raum und benennen alle mit Fischnamen, alle weiblichen Teilnehmer tun das Gleiche, nur nehmen sie Namen von Popstars anstelle der Fische - diesmal wäre ich so gerne ein Mann gewesen; Stufe 2: Kombiniert die Fisch- und Popstarnamen - das Kreativste, zu dem ich in der Lage war, war Lady Lachs) ging es dann in eine intensive Gruppenarbeit: Ideenaustausch wie verschiedene Themen mit Schülern behandelt werden könnten (Geschichte/ Politik, Kultur, Identität und Bildung). Die große Herausforderung des Wochenende war, einen Projektpartner der anderen Sprache (also in meinem Fall eine/n ELA) zu finden und ein Projekt zu entwickeln.
Eigentlich wollte ich etwas machen, das ich mit dem Music Club, den ich an meiner Schule eingeleiert habe, verknüpfen kann, mache, bin dann aber in Geschichtsgruppe gelandet. Ein bisschen, um Laura und Victoria glücklich zu machen, habe ich dann überlegt, dass ich ja was zum Mauerfall machen könnte, bevor ich mich von der Idee, anhand von Legenden einen anderen Zugang zur Geschichte zu finden, habe begeistern lassen. So leicht wie ich hatten es aber nur wenige bei der Partnersuche. Die Tatsache, dass wir ein paar FLAs mehr als ELA waren bzw. sind, machte das Ganze nicht einfacher. Nach der Mittagspause sollten wir uns gegenseitig unsere Projekte bzw. Projektideen vorstellen, was im Kugellager mit 60 Leuten äußerst an den Stimmbändern und den Nerven zerrte.
Nach einem sehr anstrengenden Tag hatten wir uns um fünf Uhr dann auch unseren Feierabend verdient. Eigentlich wollten Marit, Nina, Michael und ich ins Theater, aber leider gab es für das Theaterstück, das wir sehen wollten (Not About Heroes über Wilfred Owen und Siegfried Sassoon) nur noch drei Karten. Die anderen drei überlegten in ein Konzert zu gehen, auf das ich aber keine Lust hatte, und mich deswegen schnell spontan einer Gruppe aus fünf FLAs und einer ELA anschloss, die Mockingjay im Kino sehen wollten. Der Film war richtig gut. An manchen Stellen hatte ich richtig Gänsehaut. Und obwohl ich vorher rumgefrotzelt hatte, dass ich vermutlich einschlafen würde, weil mich der Tag so erschöpft hatte, hatte ich keine Probleme, wach zu bleiben. ;-) Nach dem Film ging uns allen das Lied vom Hanging Tree nicht aus dem Kopf.
Am Sonntag mussten sich einige noch einen Partner suchen. Da ich glücklicherweise bereits am Samstag eine Partnerin gefunden hatte, konnten wir uns auf die Projektplanung konzentrieren. Zum Abschied bekamen wir noch alle einen Kapuzenpulli geschenkt, der mir sehr willkommen war, denn es war echt kalt im Raum. Das Treffen endete mittags mit Lunchpaketen für alle. 
Mein Zug zurück nach Glasgow fuhr erst abends, deswegen hatte ich noch etwas Zeit, mir London anzusehen. Zusammen mit Ines, die in Edinburgh als FLA arbeitet, war ich im Victoria & Albert Museum. Eigentlich wollten wir uns die Brautkleider-Ausstellung ansehen, aber die war uns dann doch etwas zu teuer (über zehn Pfund Eintritt). Also haben wir uns andere Teile des Museums angesehen und zumindest ein paar ausgestellte Kleider (wenn auch nicht Hochzeitskleider) gesehen. Von einer anderen Etage konnte man später auf die Brautkleider-Ausstellung herunterblicken und dabei stellten wir fest, dass sie ziemlich klein war. Ines musste allerdings auch recht bald zum Flughafen fahren und deswegen habe ich mir alleine den Tower und die Tower Bridge im Dunkeln (und Nieselregen) angesehen. Vor dem Tower waren noch die Keramik-Poppies vom Remembrance Day zu sehen (888 246 - für jeden getöteten Soldaten eine). Zum Schluss bin ich noch zur Oxford Street gefahren, um mir die Weihnachtsbeleuchtung anzusehen. Eigentlich hatte ich überlegt, noch zum Winterwonderland im Hyde Park zu fahren, aber das lag dann doch nicht auf dem Weg und ich wollte ja auf keinen Fall den Zug verpassen.




















Auf dem Hinweg hatte ich die Zugfahrt genossen. Auf dem Rückweg eher weniger. Ich wollte einfach nur ins Bett, weil das Wochenende mich ziemlich geschlaucht hatte und mein Nachbar war irgendwie merkwürdig. Aber immerhin habe ich Das Schicksal ist ein mieser Verräter einmal ganz durchgelesen.

Montag, 15. Dezember 2014

Es weihnachtet sehr

Weihnachtsbeleuchtung am George Square
Nur noch neun Tage bis Weihnachten (und eine Woche bis meine Familie nach Glasgow kommt), die ganze Stadt ist schon seit Wochen mit kitschigen Lichterketten und Rentieren geschmückt und obwohl ich nicht sagen würde, dass ich schon richtig in Weihnachtsstimmung bin, habe ich doch schon viele weihnachtliche Sachen gemacht.
Die Weihnachtsvorbereitungen begannen für Amelie und mich schon im November, weil wir gerne allen ersten Klassen einen Adventskalender basteln wollten - es sind sechs Klassen. Wir haben es auch geschafft. In jedem Klassenraum hängen jetzt an einer Schnur pro Klasse aufgereiht 14 verzierte Briefumschläge und 10 beklebte Klopapierrollen - das ganze Department hat mit gesammelt und Victoria schlug sogar vor, wir sollten einen Wettbewerb daraus machen, wer am meisten Rollen sammelt (man muss die Lehrerinnen einfach gern haben). Jeden Tag finden die Schüler ein neues Wort, das etwas mit Weihnachten zu tun hat, das sie dann in ihr Heft schreiben müssen. An manchen Tagen befindet sich außerdem ein Gegenstand im Umschlag oder der Rolle, den sie an ihren Papier-Weihnachtsbaum kleben können. Die Weihnachtsbäume sind der zweite Teil für unsere Aktion für die Erstklässler. Jede Klasse soll einen Weihnachtsbaum schmücken - mit selbstgemalten Kugeln, Sachen aus dem Adventskalender und Sternen, die sie durch gutes Verhalten im Unterricht gewinnen können. Der schönste Baum im Raum gewinnt (den Teil hat Victoria irgendwie falsch verstanden - heute meinte sie zu mir, dass die Bäume ihrer Klasse doch viel schöner seien als die von Lauras).
Die Zweitklässler haben Lebkuchen nach einem deutschen Rezept gebacken. Sie haben das Rezept im Deutschunterricht bekommen und mussten die Vokabeln lernen, bevor sie es dann in Hauswirtschaft nachbacken mussten. In einer der Hauswirtschaftstunden war ich dabei, habe den Schülern geholfen, der Lehrerin beim Deutsch ausgeholfen und habe mit den Schülern die deutschen Wörter wiederholt. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass letzteres nicht ganz so günstig war, weil sie nämlich immer aufhörten das zu tun, was sie gerade taten (Teig ausrollen, Plätzchen ausstechen) und ein paar Minuten überlegten. Dabei war die Zeit für das Backen schon knapp bemessen.
An der Schule hat auch bereits ein Weihnachtsbasar stattgefunden, bei dem ich Victoria und Laura geholfen habe, Waffeln zu backen - ein Klassiker auf jedem deutschen Schulfest, aber hier schien es irgendwie etwas Exotisches zu sein. Dabei waren es noch nicht mal die runden Waffeln mit den fünf Herzen sondern die eckigen, die auch etwas dicker sind. Auf dem Weihnachtsbasar gab es außerdem einen Hotdog- und einen Schokoladenbrunnenstand, einen Flohmarkt und einen Stand mit Samosas und Pankoras sowie ein Mädchen, das Henna-Tattoos machte und Auftritte von Musikschülern. Ich fand es ganz lustig bei dem Weihnachtsbasar dabei zu sein - vor allem, weil ich viele Schüler mal ohne Uniform gesehen habe. Am Ende hat mich Laura netterweise nach Hause gefahren. Sie hat mir auch ein kleines Bäumchen mit Kunstschnee geschenkt, das ich gerade wieder ein bisschen aufpäppeln muss (die Fensterbank war nicht die beste Idee für einen Standort, weil sie direkt über der Heizung ist...). Trotz meiner vernachlässigenden Pflege habe ich mich aber sehr über die Pflanze gefreut.
Unsere Base ist auch schon festlich geschmückt, weil Amelie einen Plastiktannenbaum in der Abstellkammer gefunden und aufgestellt hat. Außerdem hat sie echte Tannenzweige und Kugeln mitgebracht und malt ständig Weihnachtsbilder aus, die sie aufhängt. Außerdem haben Amelie, Laura, Victoria und ich alle eine Weihnachtskugel aus Papier (in 2D) mit unserem liebsten deutschen Wort beschriftet und dann angemalt und aufgehängt.
Zuhause habe ich mir einen Adventskranz gebastelt. Das war alles andere als leicht. Irgendwie habe ich in der Innenstadt keinen Blumenladen gefunden. Also habe ich den Nachmittag des ersten Advents in einem Einkaufszentrum verbracht und auf dem riesigen Gelände das Gartencentre gesucht (und gefunden). Die Kränze, die es da gab, waren zwar nur zum Aufhängen an der Tür. Darauf konnte man keine Kerzen befestigen, also habe ich ihn auseinander genommen. Ich habe mir auch eine Lichterkette und einen Stern im Poundland gekauft und mein Zimmer damit dekoriert.

Die meisten weihnachtlichen Aktivitäten außerhalb der Schule habe ich im Dunstkreis (so nenne ich es mal) der German Society gemacht. Mit Emily war ich auf dem Glaswegian Weihnachtsmarkt. Der besteht aus einer bunten Mischung verschiedener Stände, die meisten bieten Essen aus verschiedenen Ländern an (Currys, Bratwurst, Panekoken, schottischer Käse, Crêpes, Känguru-Burger...). Es gibt eine Bayrische Hütte, in der unverschämt teurer Glühwein (und andere alkoholische Getränke) verkauft und Rockmusik gespielt wird. Aber es gibt auch einen Schokokuss-Stand wie in Essen. Da musste ich natürlich einen kaufen. Insgesamt würde ich sagen, dass der Weihnachtsmarkt in Glasgow ein netter Versuch, aber mehr nicht ist.
Weihnachtsmarkt in Glasgow mit Rentier



Der Weihnachtsmarkt in Edinburgh dagegen ist richtig gut. Ich war mit Matthew, Emily und ein paar von Emilys Freundinnen (eine inklusive Partner) da. Die anderen wollten gerne den ganzen Tag Deutsch reden, weil eine mündliche Prüfung bevor stand und das haben wir (fast) durchgehalten. 
Der Weihnachtsmarkt hat mich wirklich sehr an Deutschland erinnert. Die Aufmachung der Stände, das Angebot... Ich konnte sogar gebrannte Mandeln kaufen. Es war so sehr wie ein deutscher Weihnachtsmarkt, dass ich zwischendurch Heimweh nach euch in Deutschland hatte, weil ich so gerne mit euch über den Essener (oder meinetwegen auch einen anderen) Weihnachtsmarkt gegangen wäre. 
Weihnachtsmarkt in Edinburgh
 
















Nach einem ersten Besuch des Weihnachtsmarktes gegen Mittag schlenderten wir durch die Stadt, gingen zum Castle hoch, am Elephant House (in dem JKR große Teile des ersten Harry Potter Bandes geschrieben hat) und Greyfriar's Bobby vorbei und in die Fudge Kitchen, wo wir alle ein Stück Fudge kauften, gingen wir in der Dämmerung wieder auf den Weihnachtsmarkt. Dort ließen wir Mädchen es uns dann nicht nehmen, auf mit dem Doppeldecker-Karussell mit den Pferden zu fahren. Matthew musste Fotos machen. Auf das Kettenkarussell, bei dem man zuerst noch auf 60 m Höhe hochgefahren wurde, trauten wir uns dann doch nicht. Es war das erste Mal, dass ich während meines Einsatzes hier in Edinburgh war - ich weiß gar nicht warum, denn die Stadt gefiel mir wieder sehr gut.





Der Weihnachtsmarkt im Dunkeln
Ein paar Tage nach dem Ausflug nach Edinburgh gab es eine Weihnachtsfeier von der German Society. Vanessa und ich haben vorher Lebkuchen-Eulen (nach dem Rezept aus der Schule) gebacken. Bei der Weihnachtsfeier gab es auch Glühwein und ich habe eine der Deutsch-Dozentinnen meiner Tandempartner kennengelernt. Ich fand es klasse, dass sie und ihr Kollege sich auch kurzzeitig zwischen die Studenten gemischt haben. Ob die Studis das auch so toll fanden, weiß ich nicht, aber jetzt weiß ich immerhin, über wen sie reden. Und zumindest die Dozentin (mit ihrem Kollegen habe ich nicht gesprochen), wirkte sehr nett.

Eine Weihnachtsfeier in der Schule steht noch bevor. Am letzten Schultag sollen/ können alle im Christmas Jumper zur Schule kommen. Die Pullis mit einem weihnachtlichen Motiv (euch vermutlich bekannt aus Bridget Jones ;-)) erfreuen sich hier großer Beliebtheit. Von kleinen Kindern bis zu erwachsenen Männern trägt sie jeder. Ich habe mir auch schon einen gekauft. Schließlich will ich am letzten Schultag meinen Kolleginnen in nichts nachstehen. Von Emily habe ich schon die Bestätigung bekommen, dass ich sehr festlich aussehe. Als festlich würde ich ihn vielleicht nicht beschreiben, aber ich finde ihn lustig.

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Schulgeschichten

Angesichts meiner Posts mag manch einer schon auf die Idee gekommen sein, ich ginge hier gar nicht arbeiten sondern nur auf Reisen. Das stimmt so nicht, ich habe mittlerweile zwar mehr von Schottland gesehen als manch Schotte, aber vier Tage die Woche bin ich brav in der Schule (ja, ich habe seit längerem einen Stundenplan) und versuche die Schüler dazu zu bewegen, mit mir Deutsch zu sprechen. Nun ist die Schule aber entweder nicht bloggenswert, weil nicht besonders interessant, oder sehr interessant aber schwierig, auf einem Blog zu beschreiben, weil der ja öffentlich einzusehen ist und die child protection hier sehr ernst genommen wird. Aus diesem Grund habe ich hier bisher weder den Namen meiner Schule noch den meiner Council Area genannt (ich glaube, es kommen zumindest drei Councils infrage, bei denen ich in Glasgow wohnen kann). Ich werde natürlich auch keine Namen von irgendwelchen Schülern oder Schulklassen nennen und die drei Lehrerinnen, mit denen ich am meisten zu tun haben, bekommen hiermit folgende Pseudonyme: Laura, Victoria und Shona.

Die Lehrerinnen sind echt super. Shona hat nicht so viele Deutschklassen, deswegen arbeite ich vor allem mit Laura und Victoria zusammen und das geht richtig gut. In den allermeisten Fällen stoßen Amelie und ich mit unseren Ideen (seien es nur längere oder kürzere Projekte, Vorschläge für einzelne Stunden oder Dekorationswut in der Base) auf Begeisterung und können sie ohne Probleme umsetzen. Von anderen Schulen habe ich da auch ganz andere Sachen gehört. Vor ein paar Wochen brachte es Laura, glaube ich, in etwa wie folgt auf den Punkt: "Stell dir vor, du sagt: 'Wir brauchen hier unbedingt ein Schloss.' Dann würden Victoria und ich sagen: 'Ja, lass uns ein Schloss bauen! Neuschwanstein!'"
Die meisten Schüler sind auch sehr nett. Die Kleinen sind natürlich noch sehr quirlig und haben Spaß daran, mich lautstark im Gang zu begrüßen oder im Klassenzimmer meinen Namen in einer Endlosschleife zu wiederholen (letzteres nervt ziemlich). Manchmal verwechseln sie mich mit Amelie (wir sehen uns wirklich unglaublich ähnlich, wenn wir nicht altermäßig eineinhalb Jahre auseinander liegen würden, würde ich wetten, dass wir bei der Geburt getrennt wurden - Nicht.), aber das macht ja nichts. Im Zweifelsfalle bin ich "Miss". Heute sprach mich auch eine mit Mrs Rut an.
Die Älteren sind ruhiger, aber lächeln mich auf dem Gang auch meistens an, wenn sie mich sehen. Zwei Mädchen aus der Vierten Klasse haben es ja auch in ihrer Klasse angeleiert, dass ich eine Geburtstagkarte von ihnen bekommen habe. Und die Fünftklässler finde ich ohnehin super. Sie sind nur zu sechst und ein bisschen schüchtern, aber gleichzeitig interessiert. Ich habe es noch nicht geschafft, es ihnen abzugewöhnen, dass sie vorher immer den Satz aufschreiben, bevor sie ihn sagen, aber ich habe das Gefühl, dass ihre Formulierungen wagemutiger werden. Vor gut einem Monat oder so musste ich mir wirklich ein Grinsen verkneifen, denn eine der Schülerinnen begann ihren Satz mit: "Weil... oh, no, if I use 'weil', the verb goes to a different place... Denn..."

Um euch einen kleinen Einblick in meine Erlebnisse der letzten drei Monate zu geben, dachte ich, ich mache mal zwei Listen.

Worüber ich mich in der Schule freue:
  • dass die Schüler sich jedes Mal freundlich bedanken, wenn ich sie 10-15 Minuten mit intensiven Deutschsprechen in Vierergruppen gequält habe 
  • wenn ich es schaffe, die Schüler zum Erstaunen zu bringen: "When we eat a sandwich in Germany, we usually have only one slice of bread. There is no bread on the top of the sandwich." - "And how do you eat the sandwich?" (Die Diskussion über die verrückten Deutschen, die kein Doppeldecker-Sandwich haben, wurde noch im Gang fortgeführt. Dabei hatte ich ihnen nicht mal gesagt, dass meine Großeltern ihr Butterbrot oft mit Messer und Gabel gegessen haben)
  • wenn meine Schüler sofort nach Deutschland ziehen wollen: keine Schuluniform, ein Straßenfest, bei dem Bonbons geschmissen werden und gleich drei Leute, die einem an Weihnachten Geschenke bringen - Nikolaus, Weihnachtsmann und Christkind (irgendwas ist da heute schief gelaufen)
  • und wenn die Schüler, die gerade noch nach Deutschland ziehen wollen, dann feststellen müssen, dass sie dann ja Deutsch können müssten...
  • wenn die Arbeit, die Amelie und ich uns gemacht haben, wertgeschätzt wird: Zu St. Martin haben wir beide eine Laterne gebastelt, die die Schüler schon ziemlich beeindruckt haben (vor allem, weil wir ein elektrisches Teelicht reingetan haben). Aber die Aktion hat noch weitere Kreise gezogen. Laura und Victoria haben sowieso direkt ihre Begeisterung kundgetan, aber haben dann an dem Info-Abend der Grundschuleltern, bei dem sich alle Departments vorstellen sollten, den Eltern unsere Laternen gezeigt und haben ihnen erzählt, dass die FSAs sie gebastelt haben. Wir haben uns natürlich total darüber gefreut. Zwei Wochen später sagte eine der Integrationshelferinnen/ Lernassistentinnen zu mir, dass sie mit ihrer Jugendgruppe jetzt auch Laternen basteln würde. Sie hat sich dann nochmal von mir erklären lassen, wie wir den Boden gemacht haben.
  • einfach goldige Kommtare wie "Be nice, she doesn't speak English!" als eine der Erstklässlerinnen dachte, ich verstünde kein Englisch und erstmal ihre Klassenkameraden zur Besinnung rief. Die Lehrerin und ich hatten vergessen, dass ich mich in der Klasse noch nicht vorgestellt hatte.

Was mich traurig macht oder frustriert:
  • Schüler, die einfach nur ihren Text vorlesen, den sie geschrieben haben, und danach nicht mal auf Fragen zu ihrem Text antworten können, weil sie offensichtlich kein Wort von dem verstanden haben, was sie gerade geschrieben haben (ja, das ist möglich)
  • Ein-Wort-Antworten ("Could you please answer in a whole sentence?" ist mein am häufigsten genutzer Satz)
  • wenn ich auf die Frage "Wie heißt du?" nur leere Blicke ernte - von den Viertklässlern
  • Schüler, deren erster Satz zu mir ist, dass sie kein Deutsch können. Es ist eine Sache, wenn sie offensichtlich schüchtern sind oder mir vorher sagen, dass sie nicht besonders gut sind (dann versuche ich immer sie zu beruhigen und sage, dass wir es doch üben, damit sie besser werden), aber die Art wie manche ihre Einstellung "Ich kann ja eh nichts" zur Schau stellen, finde ich schwierig. Vor allem, da ich mir denke, dass doch nach teilweise jahrelangem Deutschunterricht irgendwas hängen geblieben sein muss. (Oder auch nicht, siehe Punkt 1 und 3...)
Außerdem gibt es natürlich Schüler, die ziemlich anstrengend sind. Normalerweise schicken mit Laura und Victoria nur die unproblematischen Schüler, so dass ich bisher nur zweimal Schüler zurück in die Klasse geschickt haben, weil sie sich einfach gar nicht vernünftig verhalten haben und ich sie nicht bändigen konnte (ein Junge hat z.B. seinen Nachbarn einmal quasi gebissen - wenn ich das richtig verstanden habe, hat er nur die Haut am Arm des anderen zwischen die Lippen genommen, aber das reichte mir schon). Ich glaube, am Anfang wollten die Schüler auch einfach testen, ob ich sie wirklich zurück schicken würde, wenn sie Blödsinn machen, denn die Fälle fanden alle im September oder Anfang Oktober statt. Ein besonders chaotischer Junge hat auch schon zweimal versucht, sich in meinen Raum zu schleichen. Nachdem ich aber mit der Lehrerin vereinbart habe, dass er never ever zu mir geschickt werden wird, falle ich auch nicht mehr auf seine Beteuerungen, er sei geschickt worden, herein.

Ich bin sicherlich nicht perfekt in meinem Umgang mit den Schülern oder der didaktischen Aufbereitung der Materialien, aber ich lerne dazu. ;-)

Sonntag, 30. November 2014

Home is behind, the world ahead

Der November war noch nie mein Monat. Die dreißig Tage zwischen meinem Geburtsmonat und der Weihnachtszeit fand ich schon als Kind ziemlich überflüssig. Im Ausland ist der November dann immer die Zeit, in der mich das erste Heimweh packt. Die Euphorie vom Anfang ist verflogen, der Alltag ist eingekehrt und damit kommen erste Enttäuschungen und Frustrationen sowie die Tatsache, dass ich meine Leute in Deutschland einfach vermisse.
Nach einem anstrengenden Tag in der Schule, der von Gedanken wie "Bitte frag nicht, was 'Mittagessen' heißt! Bitte frag nicht, was... mist" begleitet wird, bin ich manchmal schon desillusioniert. Wenn ich mir dann überlege, dass in Essen gerade der Weihnachtsmarkt stattfindet und ich nicht mit euch hingehen kann, stimmt mich das traurig. Und nach einer Zumba-Stunde mit fremden Liedern oder - noch schlimmer - bekannten Liedern mit unbekannten Choreos sowie zehn Minuten Maikäfer auf der Matte wünsche ich mich oft zu meinem Zumba-Kurs zuhause zurück. Ich werde sogar melancholisch, wenn meine Tandempartner sich mit ihren Freunden über Uni und Dozenten unterhalten und ich daran denke, dass das mittlerweile bei mir ein Ende hat...

Was tun gegen Heimweh? Etwas unternehmen, sich beschäftigen, in Arbeit stürzen... Ich habe verschiedene Sachen ausprobiert. Wenn man einen Adventskalender für sechs Klassen bastelt, bleibt einem nicht besonders viel Zeit, Trübsal zu blasen und die Reaktion der Lehrerinnen verdrängt auch die Frustration über Stunden, die nicht so gut gelaufen sind. Außerdem: Je anstrengender der Tag war, desto schneller schlafe ich ein und desto weniger kann ich im Bett nachdenken.
Ausflüge sind auch eine gute Art, gegen Heimweh anzukämpfen. Neues entdecken ist super und manche Ziele sind fast wie in Deutschland. Heute war ich mit Emily, Matthew und drei ihrer Freunde in Edinburgh auf dem Weihnachtsmarkt (Bericht folgt). Es gab Glühwein, Bratwurst und gebrannte Mandeln. Fast wie zuhause also. Aber gerade, wenn es sich so ähnelt, merkt man, finde ich, umso mehr, dass es eben doch nicht ganz Zuhause ist und da wäre es mir zwischendurch fast lieber gewesen, der Weihnachtsmarkt wäre weniger deutsch gewesen.
Leute treffen ist sowieso immer gut. Wenn man alleine ist, brütet man zu sehr vor sich hin. In den allermeisten Fällen hilft es mir. Manchmal habe ich zwischendurch trotzem einen Durchhänger. Auch wenn ich hier wirklich einige liebe Menschen kennengelernt habe, sind meine Familie und Freunde zuhause eben nicht zu ersetzen (das wäre ja auch schlimm).
Und wenn gar nichts mehr geht, hilft nur noch ein Herr der Ringe-Marathon. ;-) In den letzten zwei Tagen habe ich alle drei Filme gesehen (und habe eine Zeile des Liedes "Edge of Night" als Titel auserkoren).

Freitag, 28. November 2014

Mixing with the locals

Bevor ich hier hingekommen bin, habe ich mir ein paar Gedanken gemacht (natürlich - aber wer macht sich das nicht?), unter anderen darüber, ob ich hier schnell nette Menschen kennenlernen würde. Solche Sorgen sind meistens unberechtigt, denn irgendwen findet man ja immer.
Das Schöne am Assistenten-Sein ist, dass es ähnlich wie beim Erasmus-Semester eine Gruppe von Leuten gibt, die in der gleichen Situation wie man selber ist. Das schafft eine erste Basis. Dank sozialer Netzwerke kann man sich auch vorher austauschen und Treffen vereinbaren. Gut, es gibt immer solche wie Andreas, die sich aus der FLA-Gruppe ziemlich rauszuhalten scheinen (es muss ja auch niemand mitmachen), aber man ist nicht alleine.
In der ersten Zeit habe ich auch ziemlich viel mit den französischen Assistenten unternommen. Im letzten Monat hat das aber etwas abgenommen. Ein paar Französinnen sehe ich noch im Ceilidh-Kurs und Anabel und Gillen habe ich vor zwei Wochen bei einem Planungstreffen für Schulprojekte getroffen - das war zwar Arbeit und nicht Vergnügen, aber es ist nett, bei sowas Menschen zu treffen, die man kennt.
Ein bisschen schwieriger fand ich es, Leute außerhalb des Assistenten-Kreises kennenzulernen. Die Frauen in meinem Zumba-Kurs sind alle etwas älter und zu meinen Kolleginnen ist die Beziehung zwar gut, aber nicht so gut, dass wir uns außerhalb der Schule treffen würden. Was habe ich also gemacht? Ich bin verschiedenen Societies der Uni Glasgow beigetreten: der German Society, der Creative Writing Group und der Ceilidh-Kurs ist auch über eine Society organisiert. Ich hatte gehofft, über die Societies auch ein paar Briten kennenzulernen. Die internationale Gruppe ist zwar schön und gut, aber irgendwie möchte man ja doch auch Kontakt mit den Muttersprachlern haben. Gerade, wenn es darum geht, Fragen zur Sprache zu stellen, die ich nicht unbedingt mit den Lehrerinnen diskutieren will (zumal die ja eh kaum Zeit haben).
Über die German Society habe ich zwei Tandempartner organisiert bekommen. Emily und Matthew. Lustigerweise kennen beide meine Mitbewohnerin. Ich treffe mich regelmäßig mit ihnen, wir sprechen Deutsch und Englisch und trinken Kaffee/ Tee oder gehen shoppen (letzteres mit Emily ;-)). Morgen fahren wir zusammen nach Edinburgh zum Weihnachtsmarkt. Die German Society ist auch die, in der ich am meisten socialise. Beim Ceilidh tanze ich nur und gehe am Ende nicht mit in die Kneipe (ich habe am nächsten Morgen nämlich immer früh Schule) und zum kreativen Schreiben gehe ich nur vereinzelt hin, weil ich irgendwie keinen richtigen Draht zu den Leuten kriege, allerdings immer gute Inspirationen für Geschichten mitnehme. Wenn man dann mal die Zeit hätte, zu schreiben...
Zum Stammtisch der German Society versuche ich möglichst regelmäßig zu gehen. Abgesehen von den wöchentlichen Treffen gibt es auch ab und zu Filmabende, Partys oder Kaffeekränzchen. Letzte Woche fand eine Party statt, bei der deutsche Musik gespielt werden sollte. Die Ankündigung hat mir zuerst etwas Angst gemacht, aber bei der Facebook-Veranstaltung wurden dann viele anständige Liedvorschläge gemacht und ich war ja schon neugierig. Also bin ich hingegangen, auch wenn am nächsten Tag Schule war (zum Glück erst spät). Die ersten Lieder, die gespielt wurden, kannte ich gar nicht und gefielen mir auch nicht besonders. Dann schlug jemand dem DJ "Disko Pogo" vor. Gut, das kannte ich, hob das Niveau aber nicht wirklich. Danach wurde es aber langsam besser und ich habe mich einfach köstlich amüsiert, wenn ich mir die Reaktionen der Nicht-Muttersprachler ansah (völlig Unverständnis, warum wir alle bei "Skandal im Sperrbezirk" so abgingen - und ja, ich musste an meine besondere Beziehung zu diesem Lied denken ;-)) oder mir überlegte, was sie wohl gerade dachten. Wie man auf die Idee kommen konnte, die deutschen Versionen von "Waterloo", "Downtown" und "Let it go" aufzulegen, ist mir jedoch schleierhaft. Ich hatte Spaß und für die Deutschstudenten war es sicher lehrreich kulturell und intellektuell wertvolle Lieder wie "Willst du mit mir Drogen nehmen" und "Moskau" kennenzulernen.
Diese Woche habe ich mit der German Society "Der Schlussmacher" gesehen. Ich kannte den Film noch nicht und habe auch eigentlich nicht besonders viel davon erwartet, aber er war ganz lustig. Nach dem Film fragte entweder Emily oder eine ihrer Freundinnen: "How do you say 'threesome' in German?" Für solche Fragen braucht man einen Tandempartner. ;-) Die andere Deutsche, die dabei stand, und ich haben dann auch bereitwillig Auskunft gegeben und auch das dazugehörige Verb genannt.

Sonntag, 16. November 2014

Ein Tag in den Highlands (schon wieder)

Der ISUK-Ausflug gestern ging wieder in die Highlands. Diesmal aber in einen Teil, den ich zumindest zum größten Teil nicht kannte - Stirling, Dunkeld Cathedrale, Pitlochry und the Queen's View am Loch Tummel. Das ganze nannte sich Highland Experience Day und beinhaltete auch einen Stopp in einer Whisky Destillerie.
Da Amelie gerade Besuch von ihrem Freund hat, war der natürlich bei der Tour mit dabei. Nach einer kurzen Schmollphase, nachdem Amelie mir gesagt hatte, dass die Konsequenz daraus sei, dass sie im Bus nicht nehmen mir sitzen würde, (und nein, das schmollen war nicht ernst gemeint) hatte ich mich schon freut, diesmal zwei Sitze für mich zu haben. Aber Pustekuchen. Diesmal war unsere Gruppe so klein, dass wir nur einen Bus hatten. Der war dafür dann aber vollgepackt bis obenhin und ich hatte einen Sitznachbarn.
Ich habe jetzt schon vier verschiedene Reiseleiter kennengelernt, aber der, den wir gestern hatten, war mit Abstand der nervigste. Obwohl auf dem Itinerary immer eine kurze Beschreibung zu den Orten steht, wären ein paar mehr Informationen manchmal nicht schlecht. Der Reiseleiter gestern redete aber definitiv zu viel. Egal, was er sagte, er nutzte mindestens doppelt so viele Worte als notwendig gewesen wäre und sprach jeden seiner Gedanken laut aus. "Ich glaube, ich gebe euch hier 30 Minuten. Obwohl... wir liegen gut in der Zeit. Wollt ihr lieber 40 Minuten haben? Aber wenn wir noch bei Tageslicht zur Queen's View wollen, sollten wir nicht so viel Zeit verlieren. Also doch besser 30 Minuten. Was meint ihr?" Grundsätzlich ist es zwar nett, dass er uns in die Entscheidung miteinbeziehen wollte, aber bei einem Bus mit ca. 100 Leuten eine demokratische Abstimmung durchführen zu wollen, wenn die Hälfte des Busses eh noch halb im Tiefschlaf ist, macht wenig Sinn. Die fünf Minuten, die dafür draufgehen, hätte er uns lieber vor Ort geben sollen... Zwischendurch überlegte ich schon, ob wir ihn nicht einfach irgendwo vergessen oder ihn auf andere Weise los werden könnten.


Wie auch immer, unsere erste Station war Stirling. Wir kamen um neun Uhr an, dementsprechend war in dem Städtchen noch nichts los. Das Castle (mit ohnehin völlig überteuertem Eintritt) war noch zu und in der Innenstadt sah man kaum Menschen. Amelie, ihr Freund und ich sind über den Friedhof unterhalb des Castles geschlendert, der eine kleine Pyramide hat (wie der Cementerio Acottolico in Rom ;-)) und dessen ältestes Grab aus dem 16. Jahrhundert stammt, vorbei an der Church of the Holy Rude (dass sie es aber auch nie hinkriegen, meinen Namen richtig zu schreiben!). Die Gemeinde wurde im 12. Jahrhundert unter David I. gegründet. Die Kirche wurde aber im 15. Jahrhundert neu gebaut.





Danach ging es viele steile Straßen herunter - habe ich schon mal erwähnt, dass Schottland verdammt hügelig ist? - in die Fußgängerzone, wo wir uns einen Tee geholt haben und dann wieder zurück zum Bus gelaufen sind.
Der nächste Halt war Dunkeld, ein weiterer kleiner Ort in den Highlands. Diesmal waren es aber östlichen Highlands. Die gefielen mir nicht ganz so gut wie Glencoe und die Gegend um Inverness. Die Stadt liegt am Fluss Tay. Kommt der Name jemanden bekannt vor? Richtig, "Die Brück' am Tay" von Fontane. Aber die Brücke, auf die sich das Gedicht bezieht, ist nicht in Dunkeld. 
"Wann treffen wir drei wieder zusammen?"

In Dunkeld gibt es eine Kathedrale, in der sich die Reliquien des Heiligen Columba befanden, bis die Kirche im 16. Jahrhundert im Zuge der Reformation zerstört und teilweise durch eine protestantische Kirche ersetzt wurde. Andere Teile der Kathedrale sind weiterhin beschädigt - das Schiff hat z.B. kein Dach. Während des Highland Rising fand in Dunkeld auch eine Schlacht der Jacobiter gegen William of Orange statt. Sie wurde von den Convenanters (den Nicht-Jacobitern) gewonnen.




Abgesehen von der Kathedrale, die leider zum Teil gesperrt war, weil Historic Scotland Restaurationsarbeiten daran durchführt, und dem Fluss gab es in Dunkeld nicht besonders viel zu sehen. Ein kleines Denkmal in der Mitte des Ortes, an dem ein kleiner Drache hochklettert. Mehr aber auch nicht. Aber am Busbahnhof gab es öffentliche Toiletten, für die man eine Art Eintrittskarte, ein kleines orangenes Stück Papier, auf dem "Perth & Kinross Council - 30p" drauf steht, kaufen musste. Später in Pitlochry gab es eine ähnliche Toilette, so dass wir gescherzt haben, ob wir nicht versuchen sollten, da mit unserer Eintrittskarte aus Dunkeld reinzukommen, und ob es nicht vielleicht Angebote wie "buy one, pee one free" geben könnte.
Eigentlich wollten wir uns die Blair Athol Distillery in der Nähe von Pitlochry ansehen. Unser Reiseleiter hatte eine Führung für uns organisiert. Aber leider stand die Destillerie an dem Tag unter Wasser und wir konnten nicht hin. Stattdessen fuhren wir zu der Aberfeldy Distillery und bekamen da für einen Aufpreis von 5,40 Pfund eine Führung inklusive Kostprobe. Der größte Unterschied bei Whisky besteht zwischen blended und single malt whisky. Ersterer ist aus verschiedenen Whiskys zusammengemischt, der zweite kommt aus einem Fass, ist also rein. Für Whisky braucht man drei Zutaten: Gerste, Wasser und Hefe. Das ganze wird zusammen geschmissen, lange stehen gelassen, gefiltert, erhitzt, abgekühlt, wieder erhitzt und abgekühlt und zum Schluss jahrelang in einem Eichenfass liegen gelassen.


Die Destillerie wurde von John Dewar's & Sons gebaut und auf diese Familien-Verbindung wurde auch in der Ausstellung (inklusive Film) besonders viel Wert gelegt. Die Ausstellung fand ich auch ganz nett, da nachdem der Fokus bei der Führung (natürlich) auf dem Herstellungsprozess lag, dort die gesellschaftlichen Aspekte, Vermarktung usw. eine Rolle spielten.
Alle schienen sich am meisten auf die Kostprobe zu freuen. Wir konnten zwischen drei Whiskys wählen. Ich habe von sowas ja keine Ahnung und habe mich dann für den entschieden, der in der Destillerie auch tatsächlich gebrannt wurde. Er schmeckte... sagen wir es mal so: Whisky und ich sind keine Freunde.
Nach dem Besuch in der Destillerie kamen wir endlich nach Pitlochry, wo wir zu Mittag gegessen haben. Ich war ja schon zu den Highland Games in Pitlochry, aber Amelie und ihr Freund kannten es noch nicht. Wir sind zuerst zum Damm über den Fluss Tummel gegangen und danach über die Hauptstraße geschlendert. Pitlochry hat mir wie schon im September sehr gut gefallen. Der Ort ist einfach niedlich.
Kurz bevor es dunkel wurde, haben wir es tatsächlich noch zur Queen's View am Loch Tummel geschafft. Ich wäre auch sehr ungemütlich geworden, wenn wir das nicht mehr geschafft hätten. Die Sicht war richtig toll. Ich war sehr froh, dass wir es noch geschafft haben. 1866 besuchte Queen Victoria diese Stelle, allerdings ist der Ort nicht nach ihr, sondern nach Queen Isabella, der Frau von Robert the Bruce benannt, die dort gerne Rast machte, wenn sie auf Reisen war. Unser Reiseleiter hat uns diese Info übrigens falsch erzählt. Er sagte, der Ort sei nach Queen Victoria benannt. Dabei stand auf der Reiseroute, die er uns gegeben hatte, dass Queen Isabella die Namensgeberin war.


Das Café und Informationszentrum an der Queen's View spielt mit der Verbindung der beiden Königinnen und stellt die Namensgebung unter der Überschrift "Tea for two?" dar. Ich frage mich, ob die Diskussion darüber, ob der Ort jetzt nach Victoria oder Isabella benannt ist, auch eine Frage nach Scottishness ist - schließlich ist Isabella die Frau eines der schottischen Nationalhelden, während Victoria mit England verbunden ist. Da kann Queen's View doch nur nach Queen Isabella benannt sein. 
Außerdem findet sich ein Zitat von Queen Victoria im Informationszentrum: "...it was raining... we could hardly see anything" (was für eine bezaubernde Persönlichkeit Victoria doch war ;-)) und der Weg zur Toilette ist auch auf lustige Art und Weise ausgeschildert.

Ich bin königlich ;-)

Der Highland Experience Day war nicht unbedingt mein liebster Ausflug mit den ISUK Tours und es ist auch erstmal mein letzter. Nächstes Wochenende bin ich London, bei Treffen der FLA und ELA Ambassadors (ein Programm, das den Fremdsprachenassistenteneinsatz noch etwas ausweitet - dazu ein anderes Mal mehr) und im Dezember finden wegen des Wetters sowieso keine Ausflüge statt. Trotzdem war der Tag schön und besonders Loch Tummel hat sich gelohnt.

Heute Abend war ich zusammen mit Amelie, ihrem Freund und Fabian bei einem Konzert der Band eines Mathelehrers unserer Schule (Amelie hat die ersten Wochen bei ihm gewohnt). Das fand in einer Bar statt, in die ich sonst nie reingegangen wäre. Aber es war sehr nett. Beim nächsten Konzert in Glasgow sind wir wieder dabei. Wir haben schon überlegt, Groupie-Poster zu machen. ;-)

Dienstag, 11. November 2014

Noch mehr Erinnern

Während zuhause man heute entweder zu denen gehört, die in bunten Kostümen und  Alkohol in Plastikbechern in der Innenstadt schunkeln, um beim Sessionsbeginn warm zu bleiben, oder zu denen, die über die Erstgenannten belustigt bis verärgert den Kopf schüttelt, war heute im Vereinigten Königreich Remembrance Day (auch Poppy Day genannt). Dieser Tag erinnert an die getöteten Soldaten seit dem ersten Weltkrieg. An den Kenotaphen im ganzen Land werden Kränze mit roten Mohnblumen (poppies) niedergelegt. Diese Blume wurde in Bezug auf das Gedicht "In Flanders Fields" von John McCrae gewählt. In diesem Gedicht steht der Mohn gleichzeitig für das Blut der gefallenen Soldaten als auch für die Hoffnung, dass das Leben weitergeht. In allen Supermärkten, Institutionen und teilweise auch auf der Straße kann man für Veteranen spenden und bekommt eine Plastikmohnblume, die man an der Jacke tragen kann. Mindestens jeder zweite, den ich den letzten Tagen gesehen habe, trug so eine Blume. Sonntag gab es in London einen großen militärischen Aufmarsch, die Queen und wichtige Politiker legten Kränze nieder und es gab eine Schweigeminute. Alles im allen also eine ganz andere Stimmung als beim ausgelassenen Karneval und auch anders als St. Martin (den Guten wollen wir ja mal nicht unter den Tisch fallen lassen).
Der Remembrance Day soll, wie ich Donnerstag beim Besuch in der Grundschule gelernt habe, keineswegs den Krieg verherrlichen, sondern den Menschen danken, die ihr Leben für ihr Land riskiert oder verloren haben. Das ist eine ziemliche Gratwanderung, wie ich finde. Im Post über den Ausflug in die Highlands habe ich ja schon meine Skepsis über die War Memorials zur Sprache gebracht. Ähnliche Gefühle habe ich hierbei. Wenn man den Krieg nicht glorifizieren will, warum erinnert man dann nur an die "Kriegshelden" und nicht allgemein an die Grausamkeiten den Krieges und alle jene, die darunter zu leiden hatten? Die Grundschullehrerin hat mir erzählt, dass sie die Kinder immer Gedichte zum Remembrance Day schreiben lässt und dass in den letzten Jahren oft Gedichte dabei waren, die den Krieg als positiv darstellten. Das wundert mich nicht. Aber vielleicht sehe ich das ja zu pessimistisch. In diesem Jahr wollte die Lehrerin diesen Auswüchsen von Gedichten entgegen wirken, in dem sie verschiedene Gedichte über den Krieg mitgebracht hat (u.a. "Dulce et Decorum est" von Wilfried Owen), was zur Folge hatte, dass einer der Jungen in Tränen ausbrach...
In Frankreich erinnert man übrigens auch an die "Armistice" (Waffelstillstand - am 11.11.1918 wurde der Waffenstillstand von Compiègne geschlossen). Hélène war ziemlich überrascht, dass der Tag in Deutschland nicht wichtig ist. Aber wann sollten wir denn sonst die Session eröffnen? Nein, im Ernst, ich denke ja, dass es etwas damit zu tun hat, dass Deutschland den Ersten (und Zweiten) Weltkrieg verloren hat.

Aber da wir gerade beim Erinnern sind - Sonntag war ja der 25. Jahrestag des Mauerfalls. Ich habe im Fernsehen ein paar Bilder aus Berlin gesehen und ein Mädchen aus der German Society war bei den Feierlichkeiten dabei und hat Fotos in die Facebook-Gruppe gestellt. Bei den Beiträgen im Fernsehen hat es mich überrascht, dass die interviewten Deutschen alle Englisch sprachen (auch der kleine Junge im DDR-Museum). Das hat mir nochmal gezeigt, wie verbreitet Englisch ist und vielleicht auch wie gut der Englischunterricht bei uns ist ;-) (wobei die meisten der Befragten doch so alt waren, dass sie vor etwa 40 Jahren in der Schule waren - seitdem hat sich einiges geändert).
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich in der Schule nichts zum Mauerfall gemacht habe. Irgendwie hat es sich nicht ergeben und ich war voll mit der Stunde zu St. Martin bei den Erstklässlern beschäftigt. Amelie und ich haben beide eine Laterne gebastelt und wir haben ihnen "Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne" beigebracht. Zu unserer großen Freude haben die Lehrerinnen die Laternen auch beim Tag der offenen Tür den Eltern gezeigt. Das hat uns wiederum gezeigt, dass unsere Arbeit geschätzt wird.

Sonntag, 9. November 2014

Hogwarts - what else?

Gestern war ich in Hogwarts! Wirklich! Die Ausflüge der International Students machen's möglich. Die Ausflüge am Wochenende sind für Amelie und mich schon fast eine Tradition geworden. Dieses Mal waren wir in Newcastle und Durham, also wieder England.
Newcastle kannte ich ja schon durch meinen Ausflug mit den Spaniern. Ich habe mir die Brücken über den Tyne nochmal angesehen, aber das Museum für moderne Kunst haben Amelie und ich uns geschenkt. Auf dem Weg zum Fluss herunter begegnenten wir auch einem Affen mit einer Gruppe Bananen im Schlepptau. Pia, ich hoffe, du weißt zu schätzen, dass wir auf solch spaßige Verkleidungen bei deinem Jungesellinnenabschied verzichtet haben. ;-) 
Wir sind am Schloss und am Schwarzen Tor (ich kann mich immer noch darüber amüsieren) vorbei zur Kathedrale gegangen. Nach einem Mittagessen zu Füßen von Queen Victoria haben wir uns auf die Suche nach dem Stadium gemacht. Dabei haben wir China Town passiert, an deren Eingang ein irisches Kulturzentrum liegt. Sehr passend... Außerdem haben wir einen verwunschenen Friedhof entdeckt. Beides kannte ich noch nicht.

Pünktlich wie wir nun mal sind, kamen wir ein paar Minuten zu früh wieder am Bus an. Die meisten anderen auch. Die Betonung liegt auf "die meisten". Wie bei jeder Fahrt war uns eingeschärft worden, ja pünktlich am Bus zu sein. In Newcastle fehlte einer. Er kam auch nicht fünf Minuten später. Die Reiseleiter telefonierten hinter ihm her, aber es dauerte etwas, bis sie herausfanden, wo er steckte. Er hatte sich verlaufen. Mit einer Viertelstunde Verspätung kam er schließlich an. Zu dem Zeitpunkt waren Reiseleitung, Busfahrer und wir alle extrem genervt. Ich hätte ja die Drohung wahr gemacht und wäre, ohne ihn gefahren. Es wurde uns oft genug gesagt, dass wir pünktlich sein müssen und dass man uns zurück lassen würde, sollten wir zu spät kommen. Das nimmt doch jetzt niemand mehr ernst.

Mit einer Viertelstunde Verspätung ging es dann endlich in Richtung Durham - der Grund, warum ich an diesem Ausflug teilnehmen wollte. Der Kreuzgang der Kathedrale in Durham war nämlich eine Kulisse in den ersten beiden Harry Potter Filmen und das Chapter House der Kathedrale war das Verwandlungsklassenzimmer in der "Kammer des Schreckens". Keine Frage also, dass ich da hin musste. Diesmal hatte ich auch meinen Ravenclaw-Schal dabei und um den Hals. Für's Foto habe ich ihn auch an Amelie verliehen. Ich bin ja nicht so. ;-)
Vom Bus aus wurden wir (immerhin sicher 100 Leute) im Gänsemarsch zur Kathedrale getrieben und hatten auf dem Weg kaum Zeit, uns umzusehen. Vor der Kathedrale wurden wir dann zum Glück in die Selbständigkeit entlassen. In der Kirche durfte man nicht fotografieren und ich habe mich daran gehalten, weil überall Aufseher herum liefen und gerade eine Veranstaltung zum Remembrance Day stattfand. Mein Ziel war ohnehin der Kreuzgang. Der Rasen war leider mit Arbeitsgeräten vollgestellt und ein Teil des Kreuzgangs war mit Brettern beschlagen, aber abgesehen davon sah es wirklich wie im Film aus. Mit hunderten Leuten, die gleichzeitig in den Bereich stürmten, war es etwas schwierig, ein Foto zu machen, aber es ist uns gelungen.




Für ein besseres Foto bin ich auch auf den Rasen geklettert, wurde aber nach einiger Zeit von einer Aufseherin im McGonagall-Tonfall dazu aufgefordert, SOFORT wieder in den Kreuzgang zu kommen. Ich dürfe nicht auf den Rasen. Sie musste auch viele anderen aus unserer Gruppe ermahnen. Vermutlich dachte sie sich auch: "Immer diese doofen Fans!" Allerdings muss ich auch anmerken, dass es wenig Sinn macht, das Verbotsschild an komplett anderen Ende des Kreuzgangs aufzustellen. Ich habe es erst entdeckt, nachdem ich den Gang zu dreiviertel umrundet hatte. McGonagalls Klassenzimmer war leider nicht für Besucher geöffnet. Ich konnte nur durch das Fenster reinlinsen.
Im Giftshop der Kathedrale konnte man neben Postkarten und Nippes auch einen Lego-Stein kaufen, um die Kathedrale aus Lego nachzubauen. Ich fand das eine schöne Idee und habe mit einem quadratischen beigen Lego-Stein - den ich nach genauer Anweisung der Freiwilligen in der dazu vorgesehenen Lücke platziert habe - meinen Beitrag geleistet.
Das ist bisher geschafft
Nach dem Besuch in der Kathedrale wollten Amelie und ich eigentlich in das Schloss nebenan, aber das hatte schon nicht mehr geöffnet. Also sind wir durch Durham gelaufen. Das ist wirklich ein niedliches Städtchen! Viele alte Häuser in der Innenstadt und der Marktplatz hat auch in der Dämmerung und bei Nieselregen Charme. Aber es ist uns aufgefallen, dass alle Städte, die wir bisher besucht haben, irgendwie steiler sind als gedacht. Ständig müssen wir Berge oder Treppen hochlaufen. Aber Straßen wie die auf dem folgenden Foto lassen doch wirklich erahnen, was JKR im Kopf hatte, als sie die Winkelgasse beschrieben hat.
Und das Schaufenster dieses Tea Rooms hat es mir auch angetan. Nein, nicht weil er rosa ist. So gut müsstet ihr mich kennen. 
Alice!

Übrigens war ich so in Harry Potter Stimmung, dass ich bei diesem Laden dachte: "Irgendwie haben die 'Quidditch' hier aber gehörig falsch geschrieben. Amateure!" Man mag es mir nachsehen. Ich war auf dem Weg nach Hogwarts. Wohin sonst? ;-)

Mittwoch, 5. November 2014

Remember, remember...

1605 beschloss eine Gruppe englischer Katholiken, unter ihnen Guy Fawkes und ihr Anführer Robert Catesby, dass König James I. (von England) bzw. VI. (von Schottland) abgeschafft gehörte und mit ihm zusammen das ganze Parlament. Nachdem König Henry VIII. seine religiöse Ego-Tour durchgezogen hatte (Bruch mit dem Papst aufgrund seiner Ehe mit Anne Boleyn), gab es in England - England und Schottland waren zu diesem Zeitpunkt benachbarte Königreiche - starke Konflikte zwischen Katholiken und Protestanten/ Anglikanern. Nachdem Elizabeth I. (Henry VIII.s) Tochter kinderlos starb, bestieg ihr Neffe, der schottische König James VI., den englischen Thron und wurde James I. von England. James I./ VI. war Protestant, was den Katholiken nicht besonders gut gefiel, sie bevorzugten einen katholischen König.
Deswegen positionierte Guy Fawkes am 5. November 1605 eine Menge Schießpulver im Keller von Westminster, um das Gebäude in die Luft zu jagen. Unglücklicherweise für Guy Fawkes und seine Mitverschwörer des sogenannten Gunpowder Plots wurde er entdeckt und die Verschwörer wurden gefangen genommen und später hingerichtet.
In Großbritannien wird bis heute am 5. November an den Gunpowder Plot mit einem bonfire (sowohl Freudenfeuer als auch Scheiterhaufen) und einem Feuerwerk gedacht. Auf dem Scheiterhaufen werden dann häufig Guy Fawkes-Puppen verbrannt. In der Vergangenheit kam es dann auch oft zu anti-katholischen Stimmungen, bei denen nicht nur Guy Fawkes sondern auch der Papst in Puppenform ins Feuer geworfen wurde.

Das ist das, was man an der Uni lernt. Heute habe ich eine Bonfire Night selber miterlebt. Ich war sehr gespannt darauf und bin mit Amelie zur Veranstaltung in Glasgow Green gegangen. Eigentlich wollten wir noch andere GETs treffen, aber wir haben sie im Getümmel dann nicht gefunden. Ganz Glasgow schien da zu sein und sich entweder an den Essensständen zu verpflegen, sich auf einem Karussell zu vergnügen und ihr Glück beim Enten/ Pu der Bär/ Tüten-Angeln zu versuchen. Letzteres scheint eine sehr beliebte Attraktion hier zu sein. Wir haben mehrere Stände dazu gesehen.
Ein Bonfire gab es in Glasgow nicht. Ich hätte es interessant gefunden, das zu sehen, hätte das aber auch ziemlich gruselig gefunden. Dafür gab es aber ein schönes Feuerwerk mit musikalischer Untermalung, das tausende Menschen fasziniert betrachtet haben. Hélène meinte später, das Thema des Feuerwerks sei Superhelden gewesen. Das ist mir nicht aufgefallen, aber es hat mir trotzdem gefallen.



 
















Am Ende war mir trotz Strumpfhose unter der Jeans und dicken Socken doch etwas kalt. Amelie und ich sind zurück in Richtung Innenstadt gegangen. Vor der St. Enoch U-Bahn-Haltestelle fand noch ein "Firewalk" statt. Die Scottish Association for Mental Health lud dazu ein, (gegen eine Spende) barfuß über glühende Kohle zu gehen und Ängste zu besiegen. Ich fand es aber eher eine dumme Idee, zuerst die Füße zu Eisklumpen gefrieren zu lassen (die Firewalker warteten ziemlich lange mit nackten Füßen), nur um sie dann unglaublich hohen Temperaturen auszusetzen... Aber gut, ich musste das ja auch nicht machen.

Zum Schluss noch der Kindervers, auf den ich im Titel angespielt habe:

"Remember, remember,
The fifth of November,
Gunpowder, Treason and Plot,
For I see no Reason
Why Gunpowder Treason
Shall ever be forgot"