Sonntag, 28. September 2014

Inveraray, Glencoe und Glenfinnan Viaduct

Wir haben gerade ein langes Wochenende. Warum, weiß niemand so genau. Der Partner meiner Vermieterin meinte, die Glaswegians bräuchten keinen Grund für Ferien. Jedenfalls sind der Freitag und der Montag frei. Hélène ist ein paar Franzosen zu einem mehrtägigen Ausflug in Richtung Norden aufgebrochen und ich dachte mir, es wäre doch schade, wenn ich das Wochenende nicht zumindest ein bisschen nutzen würde.
Für eine längere Reise, war es zu spät, aber ich habe an einem Tagesausflug der internationalen Studierenden der Uni Glasgow teilgenommen. Als ich das Ziel des Ausflugs las, war klar, dass ich mitfahren musste: "Harry Potter Bridge and Highlands". Zuerst war ich mit trotzdem unsicher, weil ich die Reise zu der Brücke eigentlich mit Annabel machen wollte, die gestern aber nicht konnte. Dann habe ich aber entschieden, dass ich die Lage ja schon mal auskundschaften kann, um später nochmal mit ihr zusammen hinzufahren. Außerdem hatte ich gelesen, dass der Jacobite Steam Train am dem 22. September nicht mehr am Wochenende fährt (erst wieder in der nächsten Saison) und die Brücke ohne Zug macht ja nur halb so viel Spaß.
Das Ticket für die Fahrt musste ich am Mittwoch im Gebäude der Student Union kaufen. Vanessa, meine andere Mitbewohnerin, hat mir den Weg dahin erklärt, aber trotzdem bin ich erstmal daran vorbei gelaufen. Wie der größte Teil der Uni ist das Haus der Student Union schon ziemlich alt und die Raum"nummerierung" genauso. Ich musste das Ticket im "Reading Room" kaufen. Irgendwie passend.
Als ich kurz vor Beginn des Verkaufs da ankam, war schon eine ellenlange Schlange im Reading Room und ich fürchtete schon fast, kein Ticket mehr zu bekommen, aber dann ging erstens alles schneller als gedacht und zweitens bekam ich ohne Probleme noch eine Ticket.

Gestern ging es dann also nach Hogwarts. Der Treffpunkt war morgens Viertel vor acht an der Uni Glasgow. Viel zu früh für meinen Geschmack, aber was tut man nicht alles. die Stimmung im Bus war auch dementsprechend verschlagen, obwohl unsere studentische Reiseleitung sich große Mühe gab, mit uns alles zu reden, auf Dinge, die man aus dem Fenster sehen kann, hinzuweisen und die Fahrt zu einem schönen Erlebnis für uns zu machen. Es gab auch den passenden Soundtrack: Als wir am Loch Lomond vorbeifuhren, wurde eben dieses Lied gespielt, nachdem sie uns von dem Massaker von Glencoe erzählt hatte (der Clan MacDonald wurde von seinen Gästen, der Überlieferung nach Campbell, ermordert, weil sein Oberhaupt den Treueeid auf William of Orange nicht rechtzeitig geleistet hatte), hören wir das Lied "Massacre of Glencoe" und als wir dann tatsächlich nach Glencoe reinfuhren, gab es die Musik von "Skyfall". Der Harry Potter-Soundtrack war wohl auch mit auf der CD, wurde aber aus welchen Gründen auch immer, nicht gespielt.
Inveraray Castle
Der erste Stopp waren die Rest and Be Thankful Mountains - komischer Name, ich weiß - wo wir einen ersten Blick auf die Highlands werfen konnten. Wir blieben aber nicht lange und fuhren direkt weiter nach Inveraray, ein kleines süßes Dorf, dessen Namen ich immer noch nicht ohne Schwierigkeiten aussprechen kann. Da haben wir Halt gemacht und wir konnten uns ein bisschen umsehen. Ich habe mit den Hafen angesehen, über die Einkaufsstraße geschlendert (es gab ein Weihnachtsgeschäft) und wollte in die Kirche gehen, aber sie war leider abgeschlossen. Außerdem gibt es in Inveraray ein Schloss, das in der Weihnachtsfolge 2012 von Downton Abbey zu sehen ist. Das habe ich mir natürlich auch angesehen, allerdings konnte man nicht reingehen, weil da noch Menschen wohnen.
Das nächste Ziel war Glencoe. Nicht nur Ort des Massakers, sondern auch Drehort verschiedener Filme, u.a. Harry Potter und Skyfall. Das Tal ist auch sehr schön. Ich mag die Highlands. Aber die Straße, die dadurch führt, stört irgendwie. Außerdem hätte ich es netter gefunden, da ein bisschen spazieren zu gehen. Wir konnten zwar etwas rumlaufen, aber hatten auch nur 20 oder 30 Minuten Zeit, also lohnte sich das nicht so wirklich.


Zum Mittagessen hielten wir in Fort William, die kälteste Stadt Schottlands, wie uns später gesagt wurde. Da war es auch wirklich frisch und windig. Ich hatte mir etwas zu essen mitgebracht und fand dementsprechen die eine Stunde Mittagspause etwas lang, zumal mir Fort William nicht so gut wie Inveraray gefiel. Der nächste Stopp sollte die "Harry Potter-Bridge" sein. "Diese Aussicht hat Harry also auf dem Weg nach Hogwarts", dachte ich, als ich Schienen neben der Straße sah. Nein, ich bin überhaupt kein Geek. ;-)
Nach 30 oder 40 Minuten Fahrtzeit waren wir endlich da. Der Bus fuhr auf den Parkplatz vom Glenfinnan Viaduct. Zuerst stiegen wir auf den Aussichtspunkt, um uns die Brücke als Ganzes anzusehen. Der Weg nach oben war etwas schlammig und glitschig. Ich hätte meine Wanderschuhe ganz gut gebrauchen können. Oben angekommen konnten wir das Viaduct in ganzer Schönheit betrachtet. Ich hatte mir allerdings was anderes vorgestellt. Irgendwie hatte ich gedacht, die Brücke wäre größer. Außerdem waren wir auf dem Aussichtspunkt relativ weit weg. Unsere Reiseleitung hatte uns aber gesagt, dass wir auch bis zur Brücke hin (und unter ihr hindurch) gehen und sie sogar anfassen könnten. Nach ein paar Fotos bin ich deswegen wieder nach unten gegangen und habe mich auf den Weg gemacht, um mir die Brücke aus der Nähe anzusehen.
Loch Shiel gegenüber vom Viaduct



Unterwegs habe ich Irwin aus den USA getroffen, der auch alleine auf der Fahrt war. Die allermeisten anderen waren als kleine Gruppen angereist. Wir sind dann zusammen weitergegangen und waren unter den ersten die am Fuß der Brücke ankamen. Aus dieser Perspektive sah alles nochmal ganz anders aus, weil ich diesmal erkennen konnte, wie groß die Brücke wirklich ist. Außerdem ist die Landschaft wunderschön.
Nach und nach kamen die anderen Teilnehmer der Fahrt nach. Ein Mädchen ist mir besonders aufgefallen: Sie war sehr gut vorbereitet und hatte einen Ravenclaw-Schal dabei. Ich habe ein Foto von einer Gruppe von überwiegend Deutschen gemacht und habe mich dabei erstmal hingelegt, weil der Boden so glitschig war.
Weil Irwin und ich uns dachten, dass der Wanderweg, der auf unserer Karte vom Viaduct zur Glenfinnan Railstation eingezeichnet war, vermutlich ebenso schlammig sein würde, entschieden wir uns an der Straße entlang zum Bahnhof zu gehen. Auf dem Weg kamen wir an einer kleinen Kirche vorbei. Im Grunde war sie nicht besonders spektakulär, aber ich fand sie vor der Kulisse des Loch Shiels wunderschön.
Der Bahnhof von Glenfinnan ist winzig. Der Jacobite Steam Train fährt da auch durch. Ich dachte eigentlich, dass er gestern nicht fahren würde, aber offenbar ist er doch gefahren. Jedenfalls haben ein paar aus der Gruppe gesagt, sie hätten ihn auf der Brücke gesehen. Da war ich dann ja doch schon neidisch. Auf dem Bahnhof stand auch ein Wagen mit "Hogwartsgepäck" und auch ein Besen gehörte dazu. Die meisten Mädels sind mit ihm in die Luft gesprungen und haben ihre Beine angewinkelt, damit es so aussah, als würden sie fliegen. Das war mir dann doch etwas zu blöd, also habe ich den Besen nur in der Hand gehalten. Danach ging es erst zurück zum Parkplatz am Viaduct (im Shop vom National Trust habe ich mir eine Art Reiseführer zu den Harry Potter-Drehorten gekauft) und dann zurück nach Glasgow.
Auf dem Rückweg habe ich mich dann auch tatsächlich mit meinem Busnachbarn unterhalten. Auf dem Hinweg hat er ziemlich viel gepennt. Diesmal war ich aber ziemlich müde und bin irgendwann eingeschlafen. Es wird in Schottland mittlerweile schon ziemlich zeitig dunkel, also konnte ich eh nicht viel sehen. Nervig war nur, dass ich meinen Schlummer unterbrechen musste, um von der Uni Glasgow zu meiner Wohnung zu kommen.

Warten auf den Hogwarts-Express

Sonntag, 21. September 2014

Zumba in Schottland

Jetzt komme ich auch endlich dazu, etwas über meinen Zumba-Kurs zu schreiben. In Deutschland mache ich das ja schon länger und praktischerweise kann man sich auf der Zumba-Homepage alle lizensierten Traienr und Kurse in der Nähe anzeigen lassen kann. Ohne diese Seite hätte ich vermutlich nie den kleinen Kurs in einem Gemeindezentrum nicht weit von meiner Wohnung gefunden.
Die meisten Kurse, die mir angezeigt wurden, finden in Fitnessstudios statt, was ich aber nicht wollte, weil ich in dann eine Mitgliedschaft in dem Club brauchen würde. Einen kurzen Moment habe ich mit dem Gedanken gespielt, weil ich dann da auch schwimmen gehen könnte, aber ich weiß nicht, wie oft ich das wirklich nutzen würde. Dann doch lieber der Kurs im Gemeindezentrum. Zuerst dachte ich, er würde in einer Kirche stattfinden und fand das etwas merkwürdig, aber dann habe ich mir gedacht, dass es vermutlich ein Pfarrzentrum o.ä. neben der Kirche gäbe und das war dann auch so. Es fand zeitgleich wohl auch eine andere Veranstaltung statt - jedenfalls gingen die drei Jungen, die vor mir das Haus betraten nicht zum Zumba - aber ein älterer Mann, der mir die Tür aufhielt, zeigte mir direkt den Weg.
Das Gemeindezentrum hat (natürlich?) keine Turnhalle. Also findet der Zumbakurs in einem "Saal" statt, der auch eine kleine Bühne hat. Wir tanzen aber im Zuschauerraum und nicht auf der Bühne; die Stühle stehen am Rand. Obwohl der Saal eher klein ist (ich habe als Vergleich gerade den Saal im Pfarrzentrum meiner Taufgemeinde bzw. den Glaspavillon bei uns an der Uni vor Augen - beide sind größer), haben wir Platz ohne Ende, denn der Kurs besteht, inklusive der Trainerin und mir, aus sieben Leuten. Zählt man die beiden Kinder dazu, die zwei der Teilnehmerinnen mitgebracht haben, von denen eins bei ein paar Tänzen mitmachte, bleibt man weiterhin unter zehn Personen. Das ist echt ein Winzkurs. Die Teilnehmerinnen sind, wenn man die Kinder außen vor lässt, geschätzt zwischen 30 und 60 Jahren alt. Die Trainerin würde ich auf Ende 20/ Anfang 30 schätzen, aber schon noch etwas älter als ich.
Ihr Stil ist natürlich komplett anders als der meiner Trainerinnen in Deutschland. Es ist bei meinen Kursen beim Hochschulsport ja schon so, dass die Trainerinnen, auch wenn sie manchmal die Choreos von einander übernehmen, verschiedene Lieder haben und die Tänze teilweise abwandeln. Von den Liedern der schottischen Trainerin kannte ich vier: "El Amor", "Timber", "Pégate" und eins, von dem ich mir nie den Titel merken kann... Zumba Buena? (das Lied bei dem wir uns immer drehen und stampfen müssen und ich mir nie weiß, in welche Richtung es gerade geht) Manche hatten Elemente der Choreos, die ich kenne, aber im Grunde waren alle Tänze neu für mich. Trotzdem bin ich relativ gut mitgekommen. Nur bei einem Lied habe ich ziemlich lange gebraucht, um zu schnallen, dass wir einen Kreis bilden sollten. Ich muss mich eben erst einfinden, nächste Woche klappt es sicher schon besser. Und mit Sicherheit habe ich auch weniger Muskelkater, wenn ich wieder regelmäßig zum Zumba gehe. Vorgestern und gestern hat das Treppensteigen, Aufstehen und Bewegen allgemein seeeehr lange gedauert, weil meine Beine so weh taten.

Samstag, 20. September 2014

George Square nach dem Referendum

Ich dachte eigentlich, mit dem letzten Post wären meine Beiträge über das Referendum abgeschlossen. Das soll hier ja nicht zum politischen Blog werden. Aber das Thema ist noch nicht ganz abgeschlossen. Natürlich gibt es politische Folgen, der First Minister von Schottland ist zurückgetreten und die Regierung in Westminster muss jetzt ihr Versprechen einlösen und Schottland weitere Freiheiten geben, die sie ihm im Falle eines No zugesichert hatten (und gleichzeitig beginnen die anderen Regierungen zu meckern, dass sie dann aber auch mehr Selbstbestimmung haben wollen - man denke mal an die armen Engländer, die nur durch die britische Regierung in Westminster vertreten sind und kein eigenes Parlament haben), aber das meine ich nicht. Gestern Nacht gab es auf dem George Square Auseinandersetzungen, bei denen Yes- und No-Anhänger aneinander geraten sind.
Ich habe davon nichts mitbekommen, denn zum Glück war ich gestern nicht in der Innenstadt unterwegs sondern im West End. Eine der Französinnen hat zwischendurch eine SMS bekommen, in der eine Bekannte ihr von Aufruhr am George Square erzählte, aber ich habe dem nicht so viel Beachtung geschenkt. Heute hat mich Denise besorgt gefragt, ob ich zu dem Zeitpunkt in der Innenstadt war. Nein, war ich nicht und als ich heute am George Square entlange gelaufen bin, war alles ruhig.
Aber ich habe ein bisschen im Internet nachgelesen und auch auf Twitter geguckt. Manche Bilder waren erschreckend. Auf Twitter habe ich vor allem Stellungnahmen von Yes-Wählern gelesen, die die Schuld auf die No-Voter geschoben haben, da die angefangen hätten (mit dem Union Jack auf den Haupttreffpunkt der Yes-Kampagne gezogen sind und "Rule Britannia" gesungen haben), und manche haben Fotos gepostet, wie Menschen mit Union Jack Menschen mit Saltire Cross angegriffen haben oder die No-Wähler den Hitlergruß gemacht haben. Diejenige, die für No gestimmt haben, haben auf Twitter überwiegend betont, dass sie nichts dafür können, dass ein paar bescheuerte Rechtsradikale ebenfalls für die Union gestimmt haben. Ich kann mir vorstellen - auch wenn ich nicht dabei war - dass das Zitat eines Mannes in diesem Artikel es ganz gut trifft: Die Leute, die Randale machen wollen, freuen sich über jeden Anlass und haben sich das Referendum zu Nutzen gemacht. Wenn es rein um die Unabhängigkeit gegangen wäre, wäre es, meiner Meinung nach, schon in den frühen Morgenstunden vom 19. zu Gewalt gekommen, als das Ergebnis mehr oder weniger feststand und nicht erst 12 Stunden danach.
Zu den Liedern, die in dem verlinkten Artikel erwähnt werden: "Flower of Scotland" ist eine der inoffiziellen schottischen Nationalhymnen und handelt davon, wie William Wallace und Robert the Bruce im 14. Jahrhundert den englischen König Edward bei Bannockburn besiegt haben. Es ist schon ziemlich nationalistisch und drückt den Wunsch aus, die Engländer wieder "nach Hause" zu schicken, wie es die Nationalhelden getan haben. "Rule Britannia" ist vermutlich dadurch in Deutschland auch recht bekannt, dass es immer bei der Last Night of the Proms gespielt wird (die war übrigens auch kurz vor dem Referendum und den Musikern war gesagt worden, sie sollten nicht über das Referendum sprechen, damit niemand den Proms vorwerfen könnte, parteiisch zu sein). Auch dieses Lied ist nationalistisch, diesmal aber auf Britannien/ England zugeschnitten, weil es die Seemacht Großbritanniens preis ("Britannia, rule the waves!/ Britons never shall be slaves" - Noch Fragen?). Klar, dass beide Lieder die jeweils andere Gruppe provoziert haben. Im Grunde mag ich aber sowohl "Flower of Scotland" als auch "Rule Britannia", auch wenn man die Texte mit etwas Abstand betrachten sollte. Wenn man die Lieder mit der Absicht singt, mit dem Text genau das auszudrücken, was er aussagt, dann wird es kritisch.

Freitag, 19. September 2014

Doch lieber UK

Das war's dann wohl. Schottland ist nicht unabhängig geworden. Zuerst war ich ein bisschen enttäuscht. Trotz meiner Unentschiedenheit in der Frage hätte ich es cool gefunden, wenn Schottland Yes gewählt hätte. Allerdings denke ich, rational betrachtet ist es besser, dass sie sich für die Union mit England, Wales und Nordirland entschieden haben. Zu viele Sachen waren unsicher. Und auch für mich ist es angenehmer - wer weiß, nachher hätte ich noch nachträglich ein Visum beantragen müssen, weil ich ins UK und nicht in Schottland eingereist bin.
Allerdings hatte ich gedacht, dass es knapper ausgehen würde. Vielleicht klappt es ja später - unter einer anderen Regierung - mal mit der Unabhängigkeit. Mit 45% zu 55% waren die Yes-Anhänger diesmal näher am Ziel als bei dem Referendum vor 25 Jahren. Und aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei.

Ich war gestern mit meiner Mitbewohnerin Hélène und ein paar anderen Franzosen in der Stadt. Wir wollten gucken, was so los ist und ein bisschen feiern. Der George Square war voll mit Leuten, die in Kilts und schottische Fahnen gehüllt waren und die Gesichter blau angemalt hatten. In einem Pub haben wir eine junge Frau getroffen, die sagte, sie hoffe, dass Yes gewinnt, aber glaube, dass es No würde. Sie äußerte auch ihre Bedenken, dass Westminster Schottland ein weiteres Referendum erlauben wird, weil die bösen Engländer (meine Interpretation ihrer Sorgen) jetzt gemerkt hätte, dass die Unabhängigkeit durchaus im Bereich des Möglichen liegt, sie das aber nicht wollen.
Vom Pub sind wir weiter durch die Stadt gelaufen und landeten irgendwann in einer Art Büro der Yes-Kampagne. Zumindest schien es mir so. Die Menschen verfolgten gespannt die Hochrechnungen und zwischendurch gab es einen kurzen Bericht für's Radio. Hélène meinte heute allerdings, dass da auch No-Voters dabei gewesen wären. Also keine Ahnung, wo wir waren.
Ich bin aber auch nicht lange geblieben, weil es mir nicht so gut ging, es schon halb drei Uhr morgens war und mir meine Beine vom Zumba weh taten (Bericht über Zumba folgt). Also bin ich nach Hause gegangen. Am George Square war nicht mehr viel los. Viele waren vermutlich enttäuscht. Ein paar unerschütterliche Gestalten in Saltire Crosses sangen immer noch "Flower of Scotland". Vielleicht ist es für die schottische Identität sogar wichtiger von den grausamen Engländern versklavt zu sein (aka Teil des United Kingdom zu sein) als von dem südlichen Nachbarn unabhängig zu sein. Über wen könnte man sonst jammern? Ich habe angefangen, Doctor Who zu sehen (d.h. ich habe die ersten 4 Folgen der aktuellen Staffel gesehen). Der jetzige Doktor ist Schotte und sagt in einer der ersten Folgen: "I'm Scottish - I can complain about things!" Also wer weiß, vielleicht brauchen die Schotten es ja, sich über die Engländer beschweren zu können und ihre Identität in Abgrenzung von der englischen zu konstruieren.
George Square gegen Mitternacht

Mittwoch, 17. September 2014

Nur noch einmal schlafen

Morgen ist es soweit - Schottland darf darüber abstimmen, ob es unabhängig werden oder doch lieber im UK bleiben möchte. Alle sind aufgeregt. In der Schule wurde heftig diskutiert, wie es wohl aus geht. Die älteren Schüler dürfen abstimmen, denn das Mindestalter ist 16 Jahre. Deswegen habe ich - auf Anregung der Lehrerin - im Higher-Kurs mit den Jugendlichen über die Unabhängigkeit gesprochen. D.h. zuerst habe ich ihnen Fragen zu ihren Freunden gestellt und dann sind wir zur Unabhängigkeit geschwenkt, als eine Schülerin sagte, sie würde sich ab und zu mit ihren Freunden über ebendieses Thema streiten. Weil den Schüler aber die Vokabeln für das Thema Unabhängigkeit fehlten, haben wir erst ein Video zu dem Thema gesehen und dann haben die Schüler einen Artikel gelesen. Im Endeffekt hat nur ein Schüler zwei Sätze über seine Meinung zu der Frage auf Deutsch formuliert. Aber die anderen haben auf Englisch darüber gesprochen und es war interessant zu sehen, dass selbst in einem Kurs mit nur sechs Leuten keine Einigkeit besteht. Es gibt welche, die sagen, dass die Regierung in London zu sehr um sich selber kreist und den Blick in den Norden nicht schafft. Andere sind jedoch skeptisch, dass Schottland als eigenständiges Land überleben könnte.
Nach der Schule bin ich durch die Innenstadt gegangen, um zu gucken, wie die Stimmung ist. Allein von der Präsenz her waren die Yes-Anhänger stärker. Ich habe drei Gruppen gesehen, die Flugblätter für Yes verteilt haben, aber nur einen Stand der No-Vertreter. Dazu kam eine Mini-Demonstration gegen die "NHS-Lügen" der Unabhängigkeitskampagne und eine riesige Kundgebung der Yes-Seite auf dem George Square. In einem Meer von weißen Andreaskreuzen auf hellblauem Hintergrund hob sich eine rot-gelb-gestreifte Fahne hervor - Katalonien, was für ein Zufall.
GG und Lilly sind sich auch nicht so ganz einig - Beide finden Schottland toll, aber während GG es gerne unabhängig sehen möchte, denkt Lilly, dass es im UK am besten aufgehoben ist

Morgen habe ich keine Schule. Die Grundschule ist ein Wahllokal und in der Secondary School haben sie eine Art Fortbildungs- und Vorbereitungstag. Ich denke, ich werde ein bisschen durch die Stadt laufen und gucken, was man auf der Straße so mitkriegt. 
Außerdem habe ich morgen zum ersten Mal Zumba in Schottland. Ich bin sehr gespannt. Hoffentlich ist die Trainerin nett.

Sonntag, 14. September 2014

Wo die wilden Kerle spielen

Die Fußball-WM habe ich - bis auf ein Spiel - nicht verfolgt. Auch während des Spiels Deutschland-Schottland vor ein paar Tagen habe ich lieber mit meiner Mitbewohnerin gequatscht als überhaupt erst in Erwägung zu ziehen, es mir anzusehen. Allerdings habe ich mir das Ergebnis hinterher angeguckt. Nur für den Fall, dass Schottland gewinnt und die Schüler mir das am nächsten Tag unter die Nase reiben wollten (was dann bekannterweise nicht der Fall war). Gestern habe ich mir dann aber tatsächlich eine Sportveranstaltung freiwillig angesehen und bin dafür auch noch früh aufgestanden! Ich war in Pitlochry bei den Highland Games.
Die Highland Games sind Sportwettbewerbe, die traditionelle schottische Sportarten wie Tossing The Caber (Baumstammwerfen), Putting the Ston (Steinestoßen) oder Tug O' War (Tauziehen) miteinbeziehen und gefühlt in jedem Highland Städtchen Schottlands zwischen Mai und September stattfinden. Ursprünglich wurden sie bei Versammlungen der Clans ausgetragen, um den mutigsten, stärksten, besten, was auch immer Krieger zu küren. Als Sportmittel nahmen sie dann eben das war das war: Steine und Baumstämme. Mittlerweile sind aber auch andere Sportarten dabei. In Pitlochry wurde noch Radgefahren, gelaufen und sowohl Weit- als auch Hochsprung gemacht. Auch Dudelsackmusik gehört zu den Highland Games. Es wird der beste Piper gekürt.

Meine Mitbewohnerin hatte mir von den Spielen erzählt und wollte da gerne hinfahren. Die Spiele in Pitlochry waren die vorletzten in diesem Jahr, am 20.9. sind nochmal welche, aber danach finden erst wieder welche im Mai statt. Deswegen wollte meine Mitbewohnerin auch gerne jetzt zu den Spielen. Ich fand die Idee gut und wollte gerne mit. Dann hat sich meine Mitbewohnerin aber spontan entschieden, doch nicht nach Pitlochry zu fahren. Ich habe beschlossen, dass das ja kein Grund sein muss, dass ich nicht dahin fahren muss und habe Annabel gefragt, ob sie nicht mitkommen möchte und sie hat zugesagt.
Unser Bus von Glasgow aus fuhr morgens um halb acht los - viel zu früh für unseren Geschmack. Etwa zwei Stunden später waren wir am Ziel. Pitlochry ist eine kleine Stadt am Fuße der Highlands. Mir war die Stadt direkt sympathisch. Ich würde zwar eher nicht leben wollen, aber sie ist sehr niedlich. Kleine Häuse, enge Straßen und was ich ganz toll fand, kleine Fähnchen an den Häusern. Ein bisschen wie im Bilderbuch. Im Hintergrund erheben sich die Highlands und auch ein Loch fehlt nicht.

Da es bis zum Referendum nicht mehr weit ist, wurde auch in Pitlochry fleißig Werbung gemacht und auch hier scheint die Bevölkerung die Unabhängigkeit zu favorisieren. Der Stand der Yes-Fraktion war mindestens doppelt so groß wie der von No und die Leute haben sich richtig ins Zeug gelegt: Es gab selbstgebackenen Kuchen und ein gebasteltes Yes, auf denen die Leute unterschreiben konnten. Als Annabel und ich an ihnen vorbei gingen, kam eine Frau auf uns zu und sagte: "Girls, you can't go without a yes-pin!" und machte uns einen an die Jacken. Sie brachte das so charmant rüber, dass ich mich nicht gewehrt habe. Wir haben ihr danach abter trotzdem gesagt, dass wir nicht schottisch sind. Das fand sie aber gar nicht schlimm und wir durften die Anstecker behalten. Am No-Stand gab es übrigens nur Aufkleber und keine Anstecker.

Die Spiele fanden auf einer riesigen Wiese statt, die aber offenbar für sportliche Zwecke gedacht ist, weil eine Arena abgesteckt ist und es an einer Seite Tribünen gibt. Annabel und ich kamen gerade rechtzeitig zum Einmarsch der Dudelsackspielgruppen. Schüler- und Erwachsenengruppen - es war eine bunte Mischung und alle in bestimmte Tartans gekleidet. Jedes Mal, wenn eine Dudelsackgruppe zum Vorspielen auftrat, nannt der Kommentator neben ihrem Namen auch die Art des Tartan, den sie trugen. Mit der Zeit ging mir die Dudelsackmsuik aber auf die Nerven, zumal bei dem Wettbewerb immer das gleiche Lied gespielt wurde.

Trotzdem hat mir die Atmosphäre gut gefallen. Um die Arena herum gab es Stände von örtlichen Organisationen wie den Pfadpfindern oder dem Förderverein der Schule, die Getränke oder Lose verkauften. Es gab auch Stände mit Souveniers bzw. schottischen Produkten. Dazu strahlte die Sonne so, dass es schon fast zuviel war und ich sehr darüber war, dass Annabel an Sonnencreme gedacht hatte. Die "Heavy Events", die traditionellen Sportarten der Games fand ich auch interessant anzusehen. Gut, das Tug o' War, das Tauziehen war eher unspektakulär: Die Männer standen, die Füße in den Boden gerammt, still und hielten das Seil fest, bestimmt zehn Minuten lang passierte nichts und man vergaß, dass da ein Wettbewerb stattfand und sah stattdessen beim Baumstammwerfen oder Staffellauf zu und dann aufeinmal hörte man ein Stöhnen, der Moderator rief etwas, aber wenn man hinguckte, war schon wieder nichts mehr. Das ging dann eine halbe bis dreiviertel Stunde lange so und dann hatte auf mysteriöse Weise, eine der Mannschaften das Seil zu sich rüber gezogen. 
Beim Baumstammwerfen gab es wesentlich mehr zu sehen: Die Männer hoben den Baumstamm hoch und hielten ihn senkrecht, rannten dann damit los und schleuderten ihn dann in die Luft. Beim Hammerwerfen drehten die Sportler sich um die eigene Achse, um Schwung zu holen und der Kilt wehte sehr schön um sie herum. Und bevor jetzt einer fragt: Ja, ich habe gesehen, was sie darunter trugen und nein, es war nichts nichts sondern eine Boxershorts. ;-) Die Heavy Events wurden allesamt nur von Männern absolviert. Bei den Dudelsackgruppen waren dann auch Frauen und Mädchen dabei und Tanzgruppen waren dann fast ausschließlich weiblich. 

Tossing the Caber
In meinem Programmheft wurden die einzelnen Tänze erklärt. Die Anekdoten zu ihrer Entstehung sind sehr nett. Ein Tanz erzählt die Geschichte eines Mannes, der wütend ist, weil die Wäscherin seine Hose hat einlaufen lassen. Von einem anderen wird erzählt, dass die Mitglieder einer Kirchengemeinde ihn erfunden haben, als sie im Schnee frierend auf ihren Pfarrer warteten, der zu spät kam, und sie sich irgendwie warm halten mussten.
Die nicht-traditionellen Sportarten waren für mich weniger interessant. Süß fand ich allerdings die offenen Wettrennen für Kinder. Bei einem Rennen für Mädchen bis 10 Jahre nahmen auch zwei Kinder teil, die vielleicht drei Jahre alt waren. Damit es fair blieb, wurden die Kinder dem Alter nach aufgestellt und die Dreijährigen kamen nach ganz vorne. Der Vater machte der Kleinen vor, dass sie laufen solle und sie begann sofort zu laufen - bevor der Startschuss gefallen war und musste erst mal gestoppt werden. Es war schön zu sehen, wie begeistert alle waren, ein Teil der Spiele zu sein.

Freitag, 12. September 2014

Ja - Nein - Vielleicht

Nicht mal mehr eine Woche bis zum Referendum! Hier sind alle ziemlich aufgeregt. An der Schule fragen die Schüler meine Kolleginnen und mich, ob wir für oder gegen die Unabhängigkeit seien. Wie bereits geschrieben, ist eine der Lehrerinnen konsequent dagegen. Die anderen habe ich nicht gefragt. Ich weiß nicht, ob man darüber spricht, was man wählt.
Gestern habe ich ziemlich viele Leute mit No-Ansteckern in der Stadt rumlaufen sehen. Nachdem ich in der ersten Zeit fast ausschließlich Yes-Pins und Aufkleber gesehen habe, war das schon auffallend. Wenig später habe ich aber auch Leute gesehen, die ein Schild trugen "Independence will stop poverty" und ein großes Transparent dabei hatten, dass ich leider nicht lesen konnte, weil es noch zusammengerollt war. Es schien aber der Union Jack drauf zu sein.
Ich bin wirklich gespannt, wie das Referendum ausfällt. In einer Umfrage von gestern liegen die No-Anhänger leicht vorne. Vor ein paar Tagen zwar Yes zwischenzeitlich vorne. Es gibt auch immer noch Leute, die sich nicht entschieden haben. Ich denke mal, dass beide Kampagnen bis nächste Woche nochmal ordentlich Werbung machen werden.
Am 18. sind die Wahllokale bis 22 Uhr geöffnet. Zumindest meinte das die eine Lehrerin, nachdem ich verwundert gefragt habe, wieso das Referendum mitten in der Woche ist, wenn Leute arbeiten. Das Ergebnis gibt es dann am 19. morgens. Allerdings wäre Schottland im Falle eines Yes nicht sofort unabhängig. Es gäbe dann eine eineinhalbjährige Übergangszeit, in der alles geregelt wird. Aber wer weiß, ob es überhaupt so weit kommt.

Donnerstag, 11. September 2014

The Bonnie Banks of Loch Lomond

Weil das Wetter immer noch nicht so richtig schottisch ist, müssen wir den Sonnenschein nutzen (wer weiß, wie lange das noch geht), also waren ein paar andere Assistenten und ich am Sonntag am Loch Lomond. Von Glasgow aus ist man in ca. 30 Minuten da. Wie der Liedtitel, den ich im Posttitel zitiert habe (die Melodie des Liedes ist übrigens für die Hymne des FC Kölns ausgeliehen worden - nur so als Randinfo), sind die Ufer des Lochs tatsächlich sehr schön. So schön, dass ich bestimmt nicht das letzte Mal da war. Schließlich kommt man auch sehr schnell hin.



Unser Zug fuhr nach Balloch und nachdem wir uns in der Touri-Info mit Karten ausgestattet hatten, sind wir losgezogen. Zuerst kamen wir an einen kleinen Strand, einen Bootsverleih und einem Aquarium vorbei. Da denkt man, man kommt zu einem naturbelassenen See, der romantisch zwischen Hügeln liegt und stattdessen schwirren da viele Menschen rum, fahren mit allerlei Booten über den See oder gehen ins Auqarium. Ich muss wohl mein Schottlandbild überarbeiten. 
Außerdem fand ein Food and Drink Festival statt, das wir hinter uns bringen mussten (was in der großen Gruppe nicht so einfach war). Irgendwie hat mich dieses Festival etwas gestört. Ich hatte mich nicht darauf eingestellt und wollte endlich mal Wasser ohne Häuser drumherum sehen. Außerdem dachte ich, die wollten mich veralbern, als ich auf einem Zelt das Wort "Lochtoberfest" las. 
Was mich bei dem Festival aber ganz gut gefiel, war ein Zelt, in dem drei Schauspielerinnen gezeigt haben, welchen Möglichkeiten die Frauen im zweiten Weltkrieg hatten, um mit ihren begrenzten Rationen (mehr oder weniger) leckeres Essen zu machen. Dabei wurden Probierportionen herumgereicht. Die Marmeladen (Apfel-Minze und Möhre) fand ich tatsächlich ganz lecker. Die Fischküchlein ohne Fisch waren auch noch ganz lecker, wobei ich nicht fand, dass sie irgendwie nach Fisch geschmeckt hätten, aber das Wurzelgemüsengulasch ging gar nicht. 
Außerdem rief eine der Frauen immer, wenn ein Flugzeug über uns hinweg flog: "Are we under attack? No, we're not. Everybody keep calm; it's one of ours!" Beim ersten Mal fand ich das nett, beim dritten Mal, ging es mir auf die Nerven. Aber abgesehen davon, war es interessant, was sie erzählt haben: Äpfel in Seidenstrümpfe hängen, um den Saft für Gelee heraustropfen zu lassen, die Größe der Rationen für eine Woche (eine Scheibe Speck, Tee, der für 6 Tassen reicht, wenn man ihn nicht wieder verwertet, ein Ei...) und der Eimer mit den Speiseresten für's Schwein, das mehrere Familien sich gemeinsam halten konnten (und dafür in den Pig Club eintreten konnten).
Diese Demonstration hat uns nochmal vor Augen geführt, wie gut wir es heute haben - auch wenn ich im Supermarkt regelmäßig verzweifele, wenn ich vor dem Gemüse stehe. Selbst im großen Supermarkt ist die Auswahl an Gemüse beschränkt und ich rede jetzt nicht mal von irgendwelchen tollen Gemüsesorten, aber ich habe bisher nur ein einem Supermarkt Zucchini gesehen und die waren so schrumpelig, dass ich mich dann doch lieber an Möhren und Paprika gehalten habe.

Aber zurück zum See: Nachdem wir das Festival hinter uns gelassen hatten, war weniger los und wir hatten auch einige schöne Blicke auf den See. Wir sind aber nicht so weit gegangen, weil es schon recht spät war und wir noch zu einer Burg auf der anderen Seite wollten. Das andere Ufer war irgendwie schöner. Da waren zwar auch viele Menschen, aber es verlief sich mehr. Zu der Burg mussten wir auf einen Hügel steigen und hatten von da eine tolle Sicht auf den See. Leider war die Burg gerade in ein Gerüst gehüllt. Allerdings konnte ich eine der Spanierinnen, mit der ich da war, damit beeindrucken, dass ich das Wort "scaffolding" kenne. Es leben die EFL Didactics Seminare. :-D Die Spanierin war übrigens genau wie ich sehr begeistert davon, dass wir uns - um mit G.R.R. Martins Worten zu sprechen - "beyond the Wall" befinden und wie wir alle wissen: Winter is coming. Allerdings ist noch nicht so viel vom Winter zu sehen.


Ich war übrigens wieder die einzige Deutsche, die mit unterwegs war. Auch die Franzosen waren diesmal in der Minderheit, denn die Gruppe bestand vor allem aus Spaniern. So konnte ich aber auch zwischendurch ein bisschen Spanisch sprechen.

Dienstag, 9. September 2014

Gastbeitrag: Die Zweite Meinung zur ersten Woche in Glasgow


„Glasgow?!?! Of all places?“
(Das wurde ich von einer Engländerin gefragt, als ich ihr von meinen Urlaubsplänen erzählte. Sie würde da nie Urlaub machen, weil Glaswegian so schwer zu verstehen sei.)
Keine Sorge, dass wird keine Wiederholung dessen, was ihr aus Ruts Berichten eh schon wisst. Rut kann das ohnehin viel besser als ich. ;) (Ich habe sie nicht dafür bezahlt, dass sie das schreibt. Ehrlich! ;-) Rut)

Tipps & Tricks:
Fish Supper not Fish&Chips
Eine erste ganz wichtige Lektion lernten wir am ersten Abend: Wer Fish und die normalerweise dazugehörigen Chips will, muss brav ‚Fish Supper‘ bestellen. Unwissend, wie ich war, hab ich mal einfach dem netten jungen Mann hinter der Theke mitgeteilt, dass wir ‚Fish&Chips’ wollen, aber single… Zum Glück hat er trotzdem verstanden, dass wir schon auch gern die frittierten Kartoffelsticks dazu hätten oder er hat mein nachgeschobenes ‚single‘ einfach nicht gehört. Hoffentlich. Ich muss zugeben, ich hätte schon etwas komisch geguckt, wenn er nur den Fisch eingepackt hätte. Das Positive, trotz des etwas happigen Preises: eine Portion reicht für zwei Personen.

Wo Fuchs und Hase sich „Gute Nacht!“ sagen
Wer hätte gedacht, dass wir jemals einen Fuchs in freier Wildbahn sehen würden und nicht nur im Zoo. Äh, freie Wildbahn? Wohl eher Glasgow City. Nach unserem Treffen mit den anderen FLAs sind wir eine Haltestelle zu weit gefahren und landeten auf der anderen Seite des Clyde. (Ich denke, der Busfahrer hat gekonnt unser Klingeln überhört.) Wir mussten nun also die Brücke überqueren und was da hinter uns zuerst aussah wie ein streunender Hund entpuppte sich bei näherem Hinsehen als Fuchs. Innerlich habe ich ihn schon zum Fluss gescheucht, da ich meine Impfausweise zu Hause gelassen hatte. Aber er war auch selbst nicht so sehr an uns interessiert, und ist Richtung Flussufer verschwunden.
Den Hasen zur Überschrift haben wir dann auch ein oder zwei Tage später entdeckt.

Lieber zu früh als zu spät aussteigen
Wie schon angedeutet, ist Busfahren in Glasgow eine Herausforderung. Mein Rat: lieber zu früh als zu spät aussteigen und auf seine Intuition hören. Anzeigen im Bus funktionieren selten und sind noch seltener hilfreich. Aber keine Sorge: Man kommt schon immer dahin, wo man hin will, es sei denn man will zum ‚Tenement House‘ ;)
Noch eine Regel zum Busfahren: Bei Zweifeln bezüglich des Wetters, immer den Bus nehmen. Es sei denn man hat das Seepferdchen.

Niemals an roten Ampeln stehen bleiben
Jedenfalls scheint das eine Art ungeschriebenes Gesetz im City Centre zu sein. Wer an roten Ampeln stehen bleibt und wartet, outet sich automatisch als Tourist. (Und wenn man es genau nimmt, sind einige Ampelphasen auch viel zu lang, um gehorsam zu warten.) Nach ein paar Tagen macht man es den Leuten dann einfach nach und überquert die Straße nach einem kurzen prüfenden Blick, ob nicht doch noch ein Bus angerauscht kommt. Es gibt in der Shoppingzone auch nur Einbahnstraßen, was die Sache um einiges erleichtert.

Food Blogger
Ich habe tatsächlich von (fast) jeder unserer Mahlzeiten Fotos gemacht. Aber das Essen im Òran Mór war nun mal „to die for“. Hier hat Rut jetzt endlich den Platz, um die kulinarischen Bilder unterzubringen ;) (Juhuuuu)



Wie man sieht war alles gar nicht so schlimm wie meine Kommilitonin befürchtete. Ich würde die Stadt auch noch mal besuchen, allein schon wegen dem Ziegenkäse im Òran Mór, den Museen, dem Clyde und den Studentenrabatten. Und vor allem, weil es einfach schön war, eine Woche in einer Stadt zu verbringen, in der man noch nie war und sie so zu erkunden, wie man es nie macht. Wohnungsbesichtigungen machen ist Sightseeing aus einer anderen Perspektive. Es hat Spaß gemacht. Es war anders. Es war ein Abendteuer. Und am Ende des Abenteuers konnte ich Rut guten Gewissens allein zurücklassen. (So allein ist sie ja in der neuen Wohnung auch nicht dank netter Mitbewohnerinnen.)


Denise

Samstag, 6. September 2014

Ich bin exotisch

Am Mittwoch hatten wir ein Treffen mit dem British Council, der den Fremdsprachenassistenteneinsatz auf der britischen Seite koordiniert. Schon am Montag musste ich mit Erstaunen feststellen, dass ich die einzige deutsche Assistentin in meiner Council Area bin. Bei dem Treffen mit unserer Local Authority (dem Council, in dem unsere Schule liegt) waren ca. 15 französischsprache Menschen, 5 Spanischsprachige und ich. Damit hatte ich nicht gerechnet, aber ich wusste, dass im Bereich Glasgow noch mindestens ein Deutscher eingesetzt ist. Den habe ich Mittwoch bei dem Treffen auch gefunden und gemerkt, dass er der einzige andere deutsche Assistent bei uns in der Gegend ist.
Dementsprechend schwierig war es für mich beim Human Bingo, das wir zur Auflockerung und zum Kennenlernen gespielt haben, jemanden zu finden, der schon man in meiner Heimatstadt war. Ich hatte schon mit Absicht Essen genommen, weil niemand meine Geburtsstadt kennt. Und trotzdem: Wie viele Franzosen oder Spanier machen Urlaub in Essen? Wenn ich aus Berlin oder München kommen würde, wäre das vermutlich nochmal was ganz anderes. Aber auch die anderen Sachen im Bingo, die auf mich zutrafen, waren wenig verbreitet. Ich habe niemanden gefunden, der im gleichen Monat wie ich geboren wurde, meine Schuhgröße hatte oder meinen Sport macht. Gut, bei der Schuhgröße hätte ich vielleicht ein bisschen intensiver suchen müssen, aber abgesehen davon... Ich bin ein Exot! :-D
Es ist auch ganz lustig, dass mir die Lehrerinnen an der Schule nicht glauben wollte, dass es so wenig andere deutsche Assistenten gibt. Sie haben mich immer gefragt, ob ich auch andere Deutsche getroffen hätte und ich musste es meistens verneinen. Anfang Oktober ist aber ein Treffen, das vom Goetheinstitut aus organisiert wird. Da sollte ich ja wohl noch ein paar andere deutsche Assistenten treffen. Ich bezweifele ja, dass sie sich die Mühe machen und ein Treffen in Glasgow organisieren würden, wenn es nur zwei oder drei von uns in ganz Schottland gäbe. 

In der Schule falle ich auch auf. Meine Mentorin hatte mir geschrieben, dass die Assistenten sich normalerweise "casual" anziehen würde, aber trotzdem habe ich von vorne herein beschlossen, auf Jeans zu verzichten. Die Lehrerinnen laufen alle im Rock, Hosenanzug oder Kostüm rum. Die Schüler tragen Schuluniform. Da wollte ich nicht in Jeans aufkreuzen. Ich habe mir jetzt auch schwarze Schuhe gekauft, weil ich meine roten Schuhe zwar mag, aber mir darin wie ein bunter Hund vorkomme. Bisher hat niemand meine Schuhe kommentiert, aber ich dachte mir trotzdem, dass es vielleicht besser wäre, schwarze anzuziehen.
Apropos Kleidung: Beim Treffen mit dem British Council wurde uns auch gesagt, wir sollten auf unsere Kleidung achten, da die meisten Schule keine Jeans akzeptieren würden. Das beinhaltet auch, das die Röcke nicht zu kurz sein dürfen. Da musste ich fast lachen. Kürzer als die Röcke meiner Schülerinnen könnten unsere kaum sein. Teilweise gucken die Röcke der Mädels nur fünf Zentimeter unter ihrer Jacke hervor. Ich argwöhne ja, dass sie die hochziehen und umkrempeln.

Vielleicht doch Hogwarts?

Die erste Woche in der Schule liegt hinter mir. Es war aufregend. Uns war gesagt worden, dass wir am ersten September um 9 Uhr in der Schule sein sollten. Weil ich an der falschen Bushaltestelle gewartet hatte (es ist auch einfach fies, wenn es mehrere Haltestellen auf einer Straße gibt), musste ich durch Glasgow irren, bis ich einen anderen Bus fand, mit dem ich fahren konnte und kam erst um Viertel nach neun an. Das war dann aber auch kein Problem. Ich habe noch keinen festen Stundenplan, also ist alles im Moment noch ziemlich flexibel (was allerdings auch heißt, dass ich gerade nicht weiß, wann ich Montag erwartet werde). Allerdings sind mir vorgestern die Erwartungen an mich mitgeteilt worden. Ich soll mit den älteren Hörverstehen üben und für die Kleinen ein Projekt vorbereiten. Außerdem bin ich einen Tag in der Woche an den Grundschulen und werde da etwas noch nicht weiter Definiertes machen. Wenn ich keine Vorgaben bekomme, singe ich vermutlich mit denen oder so.
Dafür, dass der Ort mitten im Nichts liegt, ist die Schule ziemlich groß. Ich weiß immer noch nicht, wie ich auf dem kürzesten Weg in das Lehrerzimmer für Fremdsprachen komme, aber bisher habe ich immer hin gefunden. Es gibt zwar auch ein Lehrerzimmer für alle Lehrer, aber im Grunde sitzen die Lehrer immer nur in den "Bases" von ihrem Fach. Anstelle von Klassenräumen gibt es Lehrerräume und sogar ich habe einen kleinen Raum bekommen, den ich gestalten kann (das sogenannten modern language studio). Der wurde auch eine Weile von den Kunstlehrern genutzt, aber in der letzten Woche habe ich mich darin breit gemacht, Postkarten aufgehängt etc. Ich kann den Raum nutzen, wenn ich mit kleineren Gruppen arbeite. Insgesamt gibt es drei Fremdsprachenlehrerinnen an der Schule, die Deutsch, Spanisch und Französisch unterrichten, wobei Deutsch am häufigsten angeboten wird. Ich habe das Gefühl, dass Französisch gerade gar nicht dabei ist. In einem Spanischkurs war ich auch schon mal dabei, nachdem ich erzählt habe, dass ich Englisch und Spanisch studiere.
Die Schule ist ziemlich modern ausgestattet. In allen Räumen gibt es Smartboards und Computer und daneben ist eine Whiteboard. Als ich den Lehrerinnen erzählt habe, dass in meinen Praktikumsschulen überwiegend mit Tafel, Kreide und OHP gearbeitet wurde, sind die fast hinten über gefallen. Allerdings habe ich auch schon die Nachteile des elektronischen Schulbuchs gesehen - zumindest wenn es so umgesetzt wird, wie an dieser Schule. Es ist cool, wenn man Videos oder Audiodateien über ein Smartboard abspielen kann, aber wenn die Schüler selber kein Buch haben, ist es ungünstig, wenn sie Aufgaben machen sollen. In einer Stunde sollte die Klasse Zahlen von Deutsch auf Englisch schreiben. Dabei kam es dann zu einem Problem, weil manche Schüler schneller fertig waren und die Aufgaben eigentlich heruntergescrollt hätten werden müssen, aber andere noch nicht so weit waren. In der Hinsicht hat die computergesteuerte Tafel dem OHP nichts voraus.
Ich habe mich jetzt schon in recht vielen Klassen vorgestellt, am häufigsten aber bei den Erst- und Zweitklässlern (11-13 Jahre). Ihr Niveau im Deutschen ist nicht mit den Englischkenntnissen von Fünft- und Sechstklässlern in Deutschland vergleichbar, obwohl die meisten von ihnen Deutsch in der Grundschule hatten. Ich habe mich mit Namen, Alter und Geburtstag bei allen vorgestellt und bei den Zweitklässlern noch gesagt, was ich Lieblingssachen sind. Mehr ging nicht. Die Zweitklässler haben mir Fragen gestellt: auf Deutsch nach dem Lieblingstier, -essen, -fußballmannschaft - auf einmal musste ich mir eine Lieblingsfußballmannschaft und ein Lieblingsauto zulegen und auf Englisch zu mir allgemein. Die Fragen, die sie auf Englisch stellten reichten von "What's life like in Germany?" über "Is German food different than Scottish food" bis hin zu "Do you like unicorns?" Natürlich wurde ich auch gefragt, was ich zu der Frage nach der Unabhängigkeit Schottlands dächte. Ich habe gesagt, dass ich mich nicht entscheiden werde, weil ich nicht Schottisch bin und deswegen nicht sagen kann, ob mir das für die Identität wichtig genug ist, das Risiko mit der Unabhängigkeit aufzunehmen. Das reichte den Schülern nicht wirklich. Aber die Lehrerin (die sehr stark ihre No-Haltung vertrat), fragte mich, ob ich dafür stimmen würde, wenn NRW unabhängig sein wollen würde, was ich verneint habe. Sie erklärte dem Schüler daraufhin, dass das doch auch eindeutig ein Nein zu der Schottlandfrage wäre. Darin stimme ich mit ihr zwar nicht überein, weil ich finde, dass man NRW nicht mit Schottland vergleichen kann, aber da es in Bezug auf die Frage nach der Unabhängigkeit Schottlands danach ruhig war, habe ich nichts gesagt. Eine Schülerin, ich meine sogar, dass sie in der ersten Klasse ist, fragte mich, ob ich schon mal ein Konzentrationslager besucht habe, und zeigte mir nach der Stunde ihr Heft, in dem sie etwas über ihre Mutter geschrieben hatte, die aufgrund der Arbeit ihres Mannes eine Zeit lang in Berlin gelebt hat und ihrer Tochter schon einiges über die NS-Zeit erzählt hat. Solch tiefgehende Fragen haben mich überrascht (bzw. hat es mich überrascht, dass sie von einer der jüngeren Schüler kam). Die Frage, welches One Direction Mitglied ich am meisten mag, war weniger überraschend und gleichzeitig viel schwieriger zu beantworten. Ach ja, am zweiten Tag hat auch ein pfiffiger Schüler festgestellt, dass meine Stadt "to eat" heißt.

Ein bisschen wie Hogwarts ist die Schule übrigens doch. Nicht nur, dass ich manchmal das Gefühl habe, dass die Treppen an bestimmten Tagen woanders hinführen und manche Türen keine Türen sind, sondern Wände, die nur so tun als ob - nein, es gibt auch Häuser. Die Schüler sind tatsächlich in Häuser unterteilt. Der Sinn erschließt sich mir noch nicht so ganz und offensichtlich haben die Häuser damit zu kämpfen, dass die Schüler sich nicht mit ihnen identifizieren, aber wie auch immer, es existieren drei Häuser und zweimal die Woche treffen sich die Schüler nach Häusern getrennt aber jahrgangstufenübergreifend in tutor groups und machen gruppendynamische Aufgaben. Das finde ich eigentlich nicht schlecht, allerdings scheinen die jedes Jahr die gleichen Aufgaben zu machen (Motto für das Haus erfinden, ein Schild für das schwarze Brett entwerfen, ein Lied für das Haus raussuchen etc.) und die älteren Schüler haben darauf offensichtlich keine Lust. Das kann ich auch gut  verstehen. Die Schüler können aber auch durch Schulleistungen, guten Benehmen oder Siege im Sport Punkte für ihre Häuser holen. Ich finde das sehr lustig, auch wenn ich weiß, dass JKR sich das Häusersystem nicht ausgedacht hat. Mal sehen, wie sichtbar die Häuser im Schulalltag sind.

Home Sweet Home

Nach einer Woche habe ich endlich eins bekommen - ein Zimmer in Glasgow. Nach vier Wohnungsbesichtigungen habe ich einen Favoriten erkoren und der Mitbewohnerin geschrieben. Und bekam keine Antwort. Bis heute nicht. 
Also habe ich meiner Zweitwahl geschrieben und nach einigem Hin und Her ("Bist du sicher, dass du das Zimmer willst? Es ist sehr weit bis zu deiner Schule." "Ja, ich möchte es trotzdem. Der Weg ist in Ordnung für mich." Hinzugefügt in Gedanken: Ich bin kein Kind mehr, ich bin durchaus in der Lage, diese Entscheidung zu treffen...)  habe ich das Zimmer bekommen.  Es liegt in einer Wohnung, die ich mir mit einer Französischassistentin und einer deutschen Studentin teile. Letztere wohnt aber nicht mehr lange hier. Meine Vermieterin meinte, als sie mir die Wohnung zeigte, dass das Zimmer dann vielleicht leer bliebe. Wir werden sehen. Die französische Mitbewohnerin habe ich schon beim Assistenten-Treffen im Kirchen-Pub kennengelernt (sie war eine von denen, die Englisch gesprochen hat) und ich verstehe mich schon ziemlich gut mit ihr. Als ich am Dienstagabend eingezogen bin, habe ich direkt mit den beiden Mädels zu Abend gegessen und prompt den Anruf meiner Eltern verpasst, weil ich mich in der Küche festgequatscht hatte.
Das Zimmer ist vollmöbliert mit Einzelbett, Schrank, Schreibtisch, Sofa, Sessel und Fernseher. Die Wohnung hat kein Wohnzimmer aber eine Küche, in der man zusammen sitzen kann und das Bad teilen wir uns auch. Ich darf wieder mit Gasherd kochen (yippie), aber im Gegensatz zu dem Gasherd in Spanien muss ich die Flamme nicht mit einem Feuerzeug anzünden, sondern drücke einfach (manchmal mehrmals) auf einen Knopf. Auch zum Duschen muss ich die Flamme nicht immer wieder neu anzünden. In den ersten Tagen hat es mich bei meinem Zimmer etwas genervt, dass meine Zimmertür sich immer von alleine öffnete. Aber ich glaube, ich habe den Trick jetzt raus: Ich muss die Tür richtig feste zudrücken. Zuerst dachte ich ja an Poltergeister. Ist in Schottland sicher möglich. ;-) Meine französische Mitbewohnerin hatte eine eher rationale Erklärung dafür: "I think our flat is not straight. (Pause) It's homosexual. We have a gay flat!" 
Wir hatten am Tag vorher darüber gesprochen, dass meine Schüler beim deutschen Alphabet bei G immer an "gay" denken (weil es teilweise so transkribiert wurde) und ich hatte ihr erzählt, dass bei uns im Französischunterricht in der achten Klasse, die Jungen bei dem französischen Wort "gai" auch an "gay" gedacht (und gekichert) haben. Daraufhin hat sie mir erzählt, dass "gai" im Französischen mittlerweile auch nicht mehr besonders häufig für "fröhlich" verwendet wird, und wir haben darüber nachgedacht, dass "gay" im Englischen früher ja auch diese Bedeutung hatte. Linguistische Gespräche beim Abendessen eben. ;-)

Ich bin auf jeden Fall sehr glücklich mit dem Zimmer. In die Innenstadt brauche ich 10-15 Minuten mit dem Bus und 20-25 Minuten zu Fuß und die Strecke zu Fuß ist auch sehr nett - zumindest, wenn man richtig abbiegt. Ich habe das schon mal vergessen und bin die Busstrecke gelaufen. Die ist weniger schön. Zur Schule ist es weiter. Von Tür zur Tür brauche ich vielleicht eine Dreiviertelstunde und ich muss zwischendurch umsteigen. Aber das ist in Ordnung, finde ich. Es ist mir wichtiger, nahe der Stadt zu wohnen und nicht in der Nähe der Schule, denn die ist wirklich mitten im Nichts. Und obwohl meine Vermieterin durch ihre Sorge etwas bevormundend wirkte, finde ich sie auch sehr nett. Alles im allem war es vielleicht gar nicht so schlecht, dass sich die Mitbewohnerin meiner Favoritenwohnung nicht mehr gemeldet hat.