Montag, 9. Februar 2015

Chaotische Schüler und ein sprechender Baum

Eigentlich hatte ich nicht vor, viele Einträge über die Schule zu schreiben, aber ein kleines Update, was ich gerade so tue, wenn ich nicht durch Schottland reise, kann ich vielleicht doch nochmal geben. 
In den letzten Wochen stand für die Älteren vor allem die Vorbereitung für die Prelims an. Das sind so etwas wie Vorabi-Klausuren. Nur, dass die nicht nur für das "Abitur" (also die höchste Abschlussprüfung) sondern auch andere staatliche Prüfungen sind. In Schottland heißen die Prüfungen National 5 (es gibt auch National 4 und 3, aber die werden von den Lehrern durchgeführt, da gibt es keine Klausuren von der Regierung), Higher und Advanced Higher. Ich habe besonders viel mit den National 4-Schülern gearbeitet (die also streng genommen keine Prelims hatten) und habe mit ihnen Sätze geübt, die sie in Bewerbungen nutzen können. Aber ich hatte auch ein paar der National 5 und Higher-Schüler, mit denen ich entweder sprechen geübt oder an ihrem schriftlichen Ausdruck gearbeitet habe. Ansonsten arbeiten Amelie und ich an Arbeitsblättern über Karneval und ich habe noch mein Projekt über die UK-German-Connection, bei dem die Schüler schottische Legenden auf Deutsch erzählen sollen.
Mittlerweile habe ich einen Spitznamen verpasst bekommen. Einige der jüngeren Schüler - und zwar die Chaoten - sagen jetzt immer "Groot" zu mir. Amelie hat mich schon darüber aufgeklärt, dass es ein Charakter aus dem Film Guardians of the Galaxy ist. Ein sprechender Baum. Könnte schlimmer sein. Ich habe den Film noch nicht gesehen, aber alle, denen ich davon erzählt habe, haben mir versichert, dass Groot ein sehr cooler Charakter, wenn nicht sogar der beste im ganzen Film, sei.
Und apropos Chaoten... Vorletzte Woche sind mir einige der Kinder doch ziemlich auf der Nase herum getanzt: konstantes Quatschen, auf den Tisch klopfen und lautes Trinken, so dass es kaum möglich war, sich mit den anderen Schülern zu unterhalten - und die waren nur zu viert mit mir in meinem Raum. Wenn ich merke, dass ich überhaupt nicht durchkomme, schicke ich die Schüler zurück in die Klasse, aber zum Glück musste ich das bisher eher selten machen. Aus besagter Vierergruppe habe ich in der gleichen Stunde aber direkt zwei Jungs zurück geschickt und der eine hat auch nur deswegen meinen Raum verlassen, weil Laura nebenan mitgekriegt hatte, dass ich Probleme hatte und ihn netterweise abgeholt hat. 
In der gleichen Stunde hatte ich eine Schülerin, die ständig ihr Handy in der Hand hatte (es natürlich immer wegsteckte, wenn ich ihn ihre Richtung blickte) und dann in einem Moment, in dem ich mich auf einen anderen Schüler konzentrierte, Youtube anmachte. Am Tag danach sang übrigens ein Junge "Don't you wish your girlfriend was hot like Rut" an Anlehnung an das Lied, dass das Mädchen übers ihr Handy abgespielt hatte, aber mit einem strengen "That's not appropriate!" konnte ich das zum Glück ganz schnell unterbinden. Ich will keine Lehrerin im Stil von Frau Mahlzahn werden, aber manchmal weiß ich auch nicht, wie ich anders reagieren soll.
Mit Hélène hatte ich vor ein paar Tagen eine Diskussion darüber, dass sie nicht als Erziehungsmittel missbraucht werden will, also dass die Lehrer ihr nur die netten Schüler schicken und das den Schülern auch so mitteilen. Ich muss sagen, dass ich eigentlich ganz erleichtert bin, wenn mir die Lehrerinnen sagen, dass sie mir nur die Schüler schicken, die sich auch benehmen können. Ich habe sowieso nur 5-10 Minuten mit den kleinen Gruppen, da muss ich dann nicht noch die Hälfte der Zeit damit verbringen, die Chaoten daran zu erinnern, dass es bestimmte Gesprächsregeln gibt, die eingehalten werden sollten. Das ist ein Luxus, den ich als FLA noch habe; wenn ich erstmal selber Lehrerin bin, muss ich mich noch genug mit anstrengenden Schülern rumschlagen. Es steht auch mehr oder weniger in unserer Stellenbeschreibung, dass es nicht unsere Aufgabe ist, für Ruhe in der Klasse zu sorgen. Das nimmt einerseits auch Druck weg, aber andrerseits fühle ich mich komisch, wenn ich mit im Unterricht bin, der Lärmpegel über das akzeptable Maß steigt und ich nichts mache. Die richtige Verhaltensweise für diese Situation habe ich noch nicht entdeckt.

In der Grundschule habe ich diese Woche eine Stunde zum Wetter gehalten. Die werde ich an den anderen Grundschulen auch noch geben. Ich habe Flashcards gebastelt und sie den Schülern gezeigt. Danach mussten sie die Wörter aufschreiben und - auf Anregung der Lehrerin - zu sechs Wörtern ein Bild malen. Es war eine P5. Das gleiche habe ich in der nächsten Klasse auch gemacht. Allerdings ist mir wieder der Unterschied zwischen Grundschule und High School aufgefallen. Oder der Unterschied zwischen meiner Erfahrung und der der fertigen Lehrerinnen. Ich habe den Schülern gesagt: "Schreibt die Wörter auf und malt zu sechs Wörtern ein Bild!" Die Lehrerin sagte: "Nehmt ein Lineal, macht drei Linien, eine senkrechte und zwei waagerechte auf die weiße Seite in eurem Heft, damit ihr sechs Kästchen habt und malt Bilder zu sechs der Wörter in die Kästchen!" Ähm ja... klare Arbeitsanweisungen geben. Noch so eine Sache, die ich lernen muss.

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