Mittwoch, 29. Oktober 2014

Viel Regen und eine Brücke über den Atlantik

Am Sonntag habe ich meinen dritten Ausflug mit den ISUK gemacht. Amelie war wieder dabei, sowie Sebastian, ein anderer GET. Diesmal ging es nach Oban und zur Isle of Seil. Ja, Oban klingt wie Oben und bevor ihr anfangt, euch Anspielungen auf den Disney-Film zu überlegen, vergesst es. Amelies Schwester und Freund haben schon alles abgegrast. ;-)
Dieses Mal war es aber ein Pleiten, Pech und Pannen-Ausflug für mich. Es fing schon damit an, dass ich fast den Bus verpasst hätte, weil ich die öffentlichen Verkehrsmittel in Glasgow doch noch nicht so ganz gemeistert hatte. Das Internet hatte mir eine falsche Verbindung angezeigt und so strandete ich sonntagmorgens um halb acht in der Innenstadt. Der nächste Bus in Richtung Uni sollte erst eine Dreiviertelstunde später fahren und die U-Bahn war noch geschlossen. Also was tun? Ich habe schnell eine SMS an Amelie geschickt und bin zu Fuß gegangen. Viertel vor acht an der Uni sein würde ich nicht schaffen, aber vielleicht könnte ich kurz vor acht noch in den Bus springen. Also beeilte ich mir. Im Kopf sang ich "500 Miles" von den Proclaimers. Das passte irgendwie. Außerdem ist das Lied in meinem Kopf mittlerweile schon Untrennbar mit den ISUK-Ausflügen verbunden. Zu allem Überfluss nieselte es. Als ich an der University Avenue ankam, war es fünf vor acht. Leider wartete der Bus vor dem Haupteingang der Uni, also etwa in der Mitte der Straße und das auf einem Hügel. Ich habe die Beine in die Hand genommen und bin tatsächlich den Hügel hochgerannt. Der Bus war noch da und ich wurde von Amelie, die mir schon von weiten bedeutete, dass ich nicht rennen bräuchte, und einer mitfühlenden studentischen Reiseleitung in Empfang genommen.
Im Bus konnte ich mich dann erst mal erholen. Draußen regnete es inzwischen stärker und es machte Spaß zuzusehen, wie das Regenwasser aus den Pfützen hochspritzte, wenn der Bus durch sie hindurch fuhr. Wir waren uns sicher, dass sich das Wetter bis Oban beruhigen würde und trocken und warm im Bus kam dann auch wieder Reisefreude auf. Aber irgendwas fehlte. Als Loch Lomond in Sicht kam, war nichts von dem gleichnamigen Lied zu hören. Wo war unser Soundtrack? Amelie merkte das bei der Reiseleitung an, die feststellen musste, dass keine der CDs, die sie dabei hatte, funktionierte. Also mussten wir ohne das Lied auskommen.

Loch Lomond im Regen
Der erste Halt war Luss am Loch Lomond. In diesem Dorf wurde das Fernseh-Drama Take the High Road gedreht. Ich habe es bisher noch nicht gesehen. Wir stoppen, um auf die Toilette zu gehen, einen Kaffee zu trinken und uns den Ort anzusehen. Es hätte sicherlich sehr schön sein können. Wenn es nicht die ganze Zeit geregnet hätte. Todesmutig sind wir trotzdem ans Ufer des Loch Lomonds gegangen, haben versucht, auf der anderen Seite etwas zu erkennen und sind dann durch das Dörfchen zurück zum Bus gegangen, allerdings nicht ohne vorher kurz in einen Touristenladen reinzuschauen.

Von Luss aus fuhren wir nach Oban weiter. Es regnete immer noch ununterbrochen und dazu kam ein Wind, der den Gebrauch von Schirmen unmöglich machte. Nicht, dass ich einen Schirm gehabt hätte. Meiner ist in Manchester vom Wind zerstört worden und ich brauche einen neuen. 
Blick über Oban
In diesem wunderbar schottischen Wetter (lange erwartet aber nicht ersehnt) kletterten wir zuerst viele Stufen zu McCaig's Tower hoch. Der sogenannte Turm ist kein Turm sondern ein rundes Gemäuer, das ein bisschen Ähnlichkeiten mit dem Kolosseum im Rom hat und das ein Mann namens McCaig als Denkmal für seine Familie bauen wollte. Allerdings ist er vor der Fertigstellung gestorben und keins seiner Kinder schien ein Interesse daran gehabt zu haben, das Denkmal (mit Statuen aller Familienmitglieder) zu beenden.


Das Kolosseum?

Nein, McCaig's Tower!
Da wir nach der Besichtigung des schottischen Kolosseums schon völlig durchweicht und matschig waren, beschlossen Amelie, Sebastian und ich nicht mit zum Schloss von Oban zu gehen. Stattdessen machten wir uns wieder auf den Rückweg zum Bus, da uns in der Nähe der Fährstation ein Fischrestaurant empfohlen worden war. Zwischendurch machten wir in einem niedlichen Süßigkeitenladen Halt, in dem es Schokolade gab, die aussahen wie von Willy Wonka. Der Laden an sich hat mich an den Honigtopf aus Harry Potter erinnert. Ich gebe zu, es gibt hier ziemlich viel, das mich an Harry Potter erinnert (man muss den Bussen zuwinken, damit sie einen einsteigen lassen, wie beim Fahrenden Ritter, und Tesa-Film heißt Sellotape während es in Hogwarts Spellotape (spell = Zauberspruch) genannt wird - er kann es mir also verübeln?), aber es ist wohl einfach so, dass JKR so viel britischen Alltag in ihren Büchern verarbeitet und für die Zaubererwelt umgewandelt hat, dass man die ganze Anspielungen erst versteht, wenn man eine Weile hier lebt. Ich weiß nicht, ob es in Deutschland auch so kleine Süßigkeitenläden gibt, bisher habe ich noch keine gesehen, wenn man von dem im Detmolder Freilichtmuseum absieht. Aber hier in Schottland (und auch in England) habe ich bereits mehrere entdeckt.
Nach dem Abstecher in den Honigtopf... ähm, ich meine den Süßigkeitenladen gingen wir noch in die Oban Distillery (alles mit einem Dach drüber war gut - und die Oban Distillery ist schließlich eine Sehenswürdigkeit in Oban), aber wir haben uns nur den Gift Shop angesehen und uns gefragt, wer 600 Pfund für eine Flasche Whisky übrig hat (wir Fremdsprachenassistenten jedenfalls nicht). Man hätte eine Führung durch die Brennerei machen können, aber uns war nicht danach. 
Stattdessen sind wir in Richtung Hafen gegangen und sind, nachdem wir ein paar Postkarten gekauft haben, in das Restaurant gegangen, das uns als etwas teurer aber sehr gut empfohlen wurde. Die Preise waren tatsächlich gesalzen, aber das Mittagsmenü war erschwinglich und wir wollten gerne richtigen Fisch und/ oder Meeresfrüchte essen. (Gut, ich hatte als Vorspeise dann überbackenen Haggis, aber als Hauptgericht dann Muscheln) Das Essen war tatsächlich gut. Der Service war unterirdisch. Eigentlich hatten wir gedacht, dass eineinhalb Stunden bei einem nur halbvollen Restaurant Zeit genug für ein Mittagessen seien, mussten aber feststellen, dass es das nicht war. Die beiden Kellnerinnen schienen keinen Plan zu haben, machten viele Wege umsonst und sahen auch nicht, was gerade anfiel (Tisch abräumen oder so). Also warteten wir ziemlich lange auf unser Essen und mussten es am Ende innerhalb einer Viertelstunde runterschlingen. Gut, dass Amelie und ich uns gegen einen Nachtisch entschieden hatten. Im Endeffekt war es dann so, dass Amelie vorlief, um unsere Reiseleitung vorzuwarnen, dass Sebastian und ich später kommen würden. Zum zweiten Mal an diesem Tag joggte ich zum Bus.

Das letzte Ziel der Reise war die Isle of Seil. Man gelangt zu ihr, in dem man über eine Brücke fährt, die über den Atlantik führt. Diese Brücke war auch groß in unserer Reiseroute aufgeführt worden, so dass ich mich fragte, was an ihr denn so besonders sein sollte. Als ich vor drei Jahren Johanna in Wales besucht habe, bin ich auch über eine Brücke gefahren, die über eine Meerenge führte, und die war nicht sonderlich spektakulär. Dann sah ich aber die Brücke. Oder vielmehr, sah ich sie nicht, sondern erst, als wir schon drüber gefahren waren.
Die Brücke ist winzig. Gleichzeitig ist sie so steil, dass ich mir im Bus vorkam als säße ich in einer Achterbahn, denn wenn man durch die Windschutzscheibe rausguckte, sah man auf dem Scheitelpunkt der Brücke die Straße nicht mehr. Es heißt, es bringe Glück, wenn man auf der Brücke einmal hin und zurück laufe. Trotz des Regens haben Amelie und ich das gemacht. Wenn das jetzt kein Glück bringt, weiß ich auch nicht weiter.
(c) Amelie

Ich glaube, die Isle of Seil kann wunderschön sein, wenn die Sonne scheint. Auch im Regen hatte die Insel irgendwie ihren Charme. Die Wellen, die gegen die Felsen krachten, hatten auf jeden Fall was. Im Bus waren wir alle dazu aufgefordert worden, doch den Atlantik zu berühren. Daran merkte man, dass viele der International Students wohl aus den USA kommen (oder zumindest die, die die Fahrten organisieren), denn es wurde betont, wie toll es doch sei, dass Wasser mal an der anderen Seite anzufassen.

Ich fand die Idee trotz des vielen Wassers von oben und den Temperaturen auch irgendwie verlockend und begab mich zu einer Betonrampe, die ins Wasser führte. Das war allerdings nicht der beste Ort, um die Hand in den Atlantik zu stecken und nachdem eine Welle über meine Schuhe gerollt war, beschloss ich, dass das genug touching gewesen war. Niemand hatte uns gesagt, wir sollten den Atlantik mit unseren Händen berühren.
Auf der Suche nach einem heißen Getränk gingen wir in das Highland Arts Exhibition Centre, vor dessen Eingang rote chinesische Löwen-Statuen standen, und in dem man Souvenirs kaufen und sie Bilder von teilweise fraglicher Qualität (meiner Meinung nach) ansehen konnte. Die Bilder hatte wohl ein Einwohner der Insel gemalt. Ich entschied mit gegen Tee aus dem Automaten und schaffte es mit Amelie diesmal sogar rechtzeitig zum Bus.


Eigentlich war der Plan aus Oban direkt nach Glasgow zurückzufahren, aber aus irgendwelchen mir unerklärlichen Gründen hielten wir auf dem Rückweg noch in Inveraray. Ja, das kleine Dorf mit dem Schloss aus Downton Abbey, das ich bei der Tour nach Glenfinnan schon gesehen hatte. Dieser Halt war der überflüssigste überhaupt. Wir hatten zwanzig Minuten Pause und es hieß, wir könnten uns das Castle angucken oder einen Tee trinken. Joa. Es war schon dunkel, es regnete in Strömen und der Tea Room hatte bereits geschlossen. Einige gingen in den Pub, aber Amelie und ich gingen, gefolgt von Sebastian, zur Tankstelle, an der es einen Tchibo-Automaten gab. Mit einer heißen Schokolade und Keksen war die Welt dann doch zumindest einigermaßen in Ordnung.

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