Montag, 3. November 2014

Geburtstag in der Ferne

Ich habe gerne Ende Oktober Geburtstag. Nicht nur, weil ich meine Geburtstagsfeier an Halloween/ gruselige Themen anlehnen kann, sondern auch weil ich den Herbst mag. Wenn die Blätter der Bäume sich langsam gelb und rot färben und später bunte Laubhaufen, in die man reinspringen kann, auf dem Boden liegen, finde ich das ganz toll. Natürlich habe ich als Kind auch schon Nachteile an dem Datum gesehen, wie z.B. dass ich nie eine Feier im Garten machen konnte. Im Studium habe ich einen weiteren Nachteil meines Geburtstags kennengelernt. Mit wem feiern, wenn man neu in der Stadt und der Geburtstag nicht mal drei Wochen nach Uni-Beginn ist?
Bisher habe ich meinen Geburtstag dreimal an neuen Orten gefeiert. In Essen habe ich mich für meine Mitbewohnerinnen entschieden, im Erasmus-Semester kamen die beiden Lisas an dem Wochenende nach meinem Geburtstag, so dass ich meinen Geburtstag einfach gedanklich um zwei Tage nach hinten verschoben habe. Hier war mein Geburtstag irgendwie ruhiger als vor vier Jahren in Spanien.
Bereits zur deutschen Mitternacht bekam ich die ersten Anrufe und (Sprach-) Nachrichten und eine Stunde später nochmal. Morgens hatte ich Schule. Die Lehrerinnen, oder zumindest Laura und Victoria, wussten, dass ich Geburtstag hatte (schließlich hatte ich das in der Vorstellung bei den Schülern mindestens zwölfmal gesagt, und ich hatte im Lehrerzimmer ein paar Sachen erzählt, die ich bis zu meinem Geburtstag noch erledigen musste) und als ich ins Lehrerzimmer kam, lagen da eine Karte und zwei kleine Geschenke. Total lieb! Die Geschenke mussten aber bis zur Pause warten, erstmal ging es in den Unterricht.
Die Viertklässler hatten irgendwie mitgekriegt, dass mein Geburtstag war, und haben mir eine Karte gebastelt, die sie mir zwischen zwei Kleingruppen in meinen Raum brachten. Sie hatten Laura gefragt, was ich denn gerne mögen würde und sie hatte ihnen Harry Potter gesagt, woraufhin sie die Karte Harry Potter-mäßig gestalteten, inklusive "You're a wizard, Rut". Soweit ich das sehen konnte, haben alle in der Karte unterschrieben. Sowas von süß, meine Schüler! Sie wollten auch in meinen Raum rüberkommen und mir ein Geburtstagslied singen, aber Laura hat es ihnen nicht erlaubt. Die anderen Klassen haben aber nicht rausgefunden, dass ich Geburtstag hatte.
In der Pause haben wir eine kleine Geburtstagsfeier im Lehrerzimmer gemacht. Ich hatte Kuchen gebacken und Laura und Victoria hatten Kuchen und Apfelsaft gekauft - "Ihr Deutschen trinkt doch so gerne Apfelsaft". Ich habe ihre Geschenke aufgemacht. Darin waren eine Tasse mit Sehenswürdigkeiten von Schottland und ein Memoryspiel mit schottischen Begriffen (also durchaus mit pädagogischen Anspruch ;-)). Ich habe mich sehr gefreut.
Nachmittags kamen die Spanier von dem Englandabenteuer und Amelie vorbei. Ich hatte außerdem meine Mitbewohnerinnen zu Tee und Kuchen eingeladen, aber Hélène war mit ihrem Besuch aus der Heimat unterwegs, so dass sich nur Vanessa dazu setzte. Es war eine sehr nette Runde. Wir haben viel geredet und sowohl meinen selbstgebackenen als auch den Kuchen, den die Lehrerinnen für mich besorgt hatten, verputzt und Unmengen Tee getrunken.

Jeder Geburtstag ist anders. Ich war mir nicht ganz sicher, wie dieser werden würde - ganz ohne Besuch von Freunden aus Deutschland oder der Familie.Vielleicht war das ein Grund, warum ich meinem Geburtstag dieses Jahr nicht so freudig entgegen geblickt habe wie sonst schon mal, und mich lange nicht entscheiden konnte, wie, mit wem und wann ich überhaupt feiere. Im Rückblick kann ich aber sagen, dass es ein schöner Geburtstag war. Es war nichts besonderes, einfach ein Beisammensein mit netten Menschen. Natürlich haben einige gefehlt, mit denen ich auch gerne gefeiert hätte. Aber ich fand es großartig, dass sich all die Leute, die da waren, Zeit genommen und sie mit mir verbracht haben. Ich komme so langsam in das Alter, in dem das Zeit nehmen das Wichtigste zu sein scheint, weil man irgendwie keine Zeit mehr hat.

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