Sonntag, 16. November 2014

Ein Tag in den Highlands (schon wieder)

Der ISUK-Ausflug gestern ging wieder in die Highlands. Diesmal aber in einen Teil, den ich zumindest zum größten Teil nicht kannte - Stirling, Dunkeld Cathedrale, Pitlochry und the Queen's View am Loch Tummel. Das ganze nannte sich Highland Experience Day und beinhaltete auch einen Stopp in einer Whisky Destillerie.
Da Amelie gerade Besuch von ihrem Freund hat, war der natürlich bei der Tour mit dabei. Nach einer kurzen Schmollphase, nachdem Amelie mir gesagt hatte, dass die Konsequenz daraus sei, dass sie im Bus nicht nehmen mir sitzen würde, (und nein, das schmollen war nicht ernst gemeint) hatte ich mich schon freut, diesmal zwei Sitze für mich zu haben. Aber Pustekuchen. Diesmal war unsere Gruppe so klein, dass wir nur einen Bus hatten. Der war dafür dann aber vollgepackt bis obenhin und ich hatte einen Sitznachbarn.
Ich habe jetzt schon vier verschiedene Reiseleiter kennengelernt, aber der, den wir gestern hatten, war mit Abstand der nervigste. Obwohl auf dem Itinerary immer eine kurze Beschreibung zu den Orten steht, wären ein paar mehr Informationen manchmal nicht schlecht. Der Reiseleiter gestern redete aber definitiv zu viel. Egal, was er sagte, er nutzte mindestens doppelt so viele Worte als notwendig gewesen wäre und sprach jeden seiner Gedanken laut aus. "Ich glaube, ich gebe euch hier 30 Minuten. Obwohl... wir liegen gut in der Zeit. Wollt ihr lieber 40 Minuten haben? Aber wenn wir noch bei Tageslicht zur Queen's View wollen, sollten wir nicht so viel Zeit verlieren. Also doch besser 30 Minuten. Was meint ihr?" Grundsätzlich ist es zwar nett, dass er uns in die Entscheidung miteinbeziehen wollte, aber bei einem Bus mit ca. 100 Leuten eine demokratische Abstimmung durchführen zu wollen, wenn die Hälfte des Busses eh noch halb im Tiefschlaf ist, macht wenig Sinn. Die fünf Minuten, die dafür draufgehen, hätte er uns lieber vor Ort geben sollen... Zwischendurch überlegte ich schon, ob wir ihn nicht einfach irgendwo vergessen oder ihn auf andere Weise los werden könnten.


Wie auch immer, unsere erste Station war Stirling. Wir kamen um neun Uhr an, dementsprechend war in dem Städtchen noch nichts los. Das Castle (mit ohnehin völlig überteuertem Eintritt) war noch zu und in der Innenstadt sah man kaum Menschen. Amelie, ihr Freund und ich sind über den Friedhof unterhalb des Castles geschlendert, der eine kleine Pyramide hat (wie der Cementerio Acottolico in Rom ;-)) und dessen ältestes Grab aus dem 16. Jahrhundert stammt, vorbei an der Church of the Holy Rude (dass sie es aber auch nie hinkriegen, meinen Namen richtig zu schreiben!). Die Gemeinde wurde im 12. Jahrhundert unter David I. gegründet. Die Kirche wurde aber im 15. Jahrhundert neu gebaut.





Danach ging es viele steile Straßen herunter - habe ich schon mal erwähnt, dass Schottland verdammt hügelig ist? - in die Fußgängerzone, wo wir uns einen Tee geholt haben und dann wieder zurück zum Bus gelaufen sind.
Der nächste Halt war Dunkeld, ein weiterer kleiner Ort in den Highlands. Diesmal waren es aber östlichen Highlands. Die gefielen mir nicht ganz so gut wie Glencoe und die Gegend um Inverness. Die Stadt liegt am Fluss Tay. Kommt der Name jemanden bekannt vor? Richtig, "Die Brück' am Tay" von Fontane. Aber die Brücke, auf die sich das Gedicht bezieht, ist nicht in Dunkeld. 
"Wann treffen wir drei wieder zusammen?"

In Dunkeld gibt es eine Kathedrale, in der sich die Reliquien des Heiligen Columba befanden, bis die Kirche im 16. Jahrhundert im Zuge der Reformation zerstört und teilweise durch eine protestantische Kirche ersetzt wurde. Andere Teile der Kathedrale sind weiterhin beschädigt - das Schiff hat z.B. kein Dach. Während des Highland Rising fand in Dunkeld auch eine Schlacht der Jacobiter gegen William of Orange statt. Sie wurde von den Convenanters (den Nicht-Jacobitern) gewonnen.




Abgesehen von der Kathedrale, die leider zum Teil gesperrt war, weil Historic Scotland Restaurationsarbeiten daran durchführt, und dem Fluss gab es in Dunkeld nicht besonders viel zu sehen. Ein kleines Denkmal in der Mitte des Ortes, an dem ein kleiner Drache hochklettert. Mehr aber auch nicht. Aber am Busbahnhof gab es öffentliche Toiletten, für die man eine Art Eintrittskarte, ein kleines orangenes Stück Papier, auf dem "Perth & Kinross Council - 30p" drauf steht, kaufen musste. Später in Pitlochry gab es eine ähnliche Toilette, so dass wir gescherzt haben, ob wir nicht versuchen sollten, da mit unserer Eintrittskarte aus Dunkeld reinzukommen, und ob es nicht vielleicht Angebote wie "buy one, pee one free" geben könnte.
Eigentlich wollten wir uns die Blair Athol Distillery in der Nähe von Pitlochry ansehen. Unser Reiseleiter hatte eine Führung für uns organisiert. Aber leider stand die Destillerie an dem Tag unter Wasser und wir konnten nicht hin. Stattdessen fuhren wir zu der Aberfeldy Distillery und bekamen da für einen Aufpreis von 5,40 Pfund eine Führung inklusive Kostprobe. Der größte Unterschied bei Whisky besteht zwischen blended und single malt whisky. Ersterer ist aus verschiedenen Whiskys zusammengemischt, der zweite kommt aus einem Fass, ist also rein. Für Whisky braucht man drei Zutaten: Gerste, Wasser und Hefe. Das ganze wird zusammen geschmissen, lange stehen gelassen, gefiltert, erhitzt, abgekühlt, wieder erhitzt und abgekühlt und zum Schluss jahrelang in einem Eichenfass liegen gelassen.


Die Destillerie wurde von John Dewar's & Sons gebaut und auf diese Familien-Verbindung wurde auch in der Ausstellung (inklusive Film) besonders viel Wert gelegt. Die Ausstellung fand ich auch ganz nett, da nachdem der Fokus bei der Führung (natürlich) auf dem Herstellungsprozess lag, dort die gesellschaftlichen Aspekte, Vermarktung usw. eine Rolle spielten.
Alle schienen sich am meisten auf die Kostprobe zu freuen. Wir konnten zwischen drei Whiskys wählen. Ich habe von sowas ja keine Ahnung und habe mich dann für den entschieden, der in der Destillerie auch tatsächlich gebrannt wurde. Er schmeckte... sagen wir es mal so: Whisky und ich sind keine Freunde.
Nach dem Besuch in der Destillerie kamen wir endlich nach Pitlochry, wo wir zu Mittag gegessen haben. Ich war ja schon zu den Highland Games in Pitlochry, aber Amelie und ihr Freund kannten es noch nicht. Wir sind zuerst zum Damm über den Fluss Tummel gegangen und danach über die Hauptstraße geschlendert. Pitlochry hat mir wie schon im September sehr gut gefallen. Der Ort ist einfach niedlich.
Kurz bevor es dunkel wurde, haben wir es tatsächlich noch zur Queen's View am Loch Tummel geschafft. Ich wäre auch sehr ungemütlich geworden, wenn wir das nicht mehr geschafft hätten. Die Sicht war richtig toll. Ich war sehr froh, dass wir es noch geschafft haben. 1866 besuchte Queen Victoria diese Stelle, allerdings ist der Ort nicht nach ihr, sondern nach Queen Isabella, der Frau von Robert the Bruce benannt, die dort gerne Rast machte, wenn sie auf Reisen war. Unser Reiseleiter hat uns diese Info übrigens falsch erzählt. Er sagte, der Ort sei nach Queen Victoria benannt. Dabei stand auf der Reiseroute, die er uns gegeben hatte, dass Queen Isabella die Namensgeberin war.


Das Café und Informationszentrum an der Queen's View spielt mit der Verbindung der beiden Königinnen und stellt die Namensgebung unter der Überschrift "Tea for two?" dar. Ich frage mich, ob die Diskussion darüber, ob der Ort jetzt nach Victoria oder Isabella benannt ist, auch eine Frage nach Scottishness ist - schließlich ist Isabella die Frau eines der schottischen Nationalhelden, während Victoria mit England verbunden ist. Da kann Queen's View doch nur nach Queen Isabella benannt sein. 
Außerdem findet sich ein Zitat von Queen Victoria im Informationszentrum: "...it was raining... we could hardly see anything" (was für eine bezaubernde Persönlichkeit Victoria doch war ;-)) und der Weg zur Toilette ist auch auf lustige Art und Weise ausgeschildert.

Ich bin königlich ;-)

Der Highland Experience Day war nicht unbedingt mein liebster Ausflug mit den ISUK Tours und es ist auch erstmal mein letzter. Nächstes Wochenende bin ich London, bei Treffen der FLA und ELA Ambassadors (ein Programm, das den Fremdsprachenassistenteneinsatz noch etwas ausweitet - dazu ein anderes Mal mehr) und im Dezember finden wegen des Wetters sowieso keine Ausflüge statt. Trotzdem war der Tag schön und besonders Loch Tummel hat sich gelohnt.

Heute Abend war ich zusammen mit Amelie, ihrem Freund und Fabian bei einem Konzert der Band eines Mathelehrers unserer Schule (Amelie hat die ersten Wochen bei ihm gewohnt). Das fand in einer Bar statt, in die ich sonst nie reingegangen wäre. Aber es war sehr nett. Beim nächsten Konzert in Glasgow sind wir wieder dabei. Wir haben schon überlegt, Groupie-Poster zu machen. ;-)

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