Mittwoch, 8. April 2015

Besuche und Abschiede

Ich habe Osterferien. Das finde ich super. Allerdings sind die Osterferien auch meine letzten Ferien als FLA in Schottland. Das finde ich dann direkt weniger super. Ich bin noch knapp zwei Monate hier und habe das Gefühl, dass die Zeit mit der Geschwindigkeit eines ICEs an mir vorbei rast.

In der letzten Woche hatte ich gleich zweimal Besuch. Katharina, eine FLA, die in Südengland arbeitet und die ich beim Ambassador-Treffen in London kennengelernt habe, und Anja und Rebecca aus Deutschland. Katharina kam, als ich noch Schule hatte, aber zum Glück ist sie ja schon groß und konnte sich einen Tag alleine beschäftigen. Ich hatte vor den Ferien noch ein bisschen Stress, weil ich verschiedene Berichte und Präsentationen fertig machen und einen Text für den Schulnewsletter schreiben musste.
An Katharinas letzten Tag in Glasgow hatte ich dann aber frei und bin mit ihr ins West End gegangen. Das Wetter war wunderbar frühlinghaft und wir haben zugesehen, dass wir erstmal viel draußen gemacht haben. Ich habe den Kelvingrove Park neu entdeckt, nachdem ich im Winter gar nicht drin war. Das war wirklich schön. Später sind wir dann noch in die Hunterian Art Gallery und ins Kelvingrove Museum gegangen. Während ich die Art Gallery ja erst noch vor kurzen mit Amelie besucht hatte, ist es schon über ein halbes Jahr her, dass ich zuletzt im Kelvingrove Museum war. Im September hatte ich in der Ägypten-Abteilung ein Computerspiel entdeckt, bei dem man zwischen der Mumie und einem Talisman einen Weg mit Steinen legen musste (so ähnlich wie bei dem Spiel Carcassone) und dabei aufpassen, dass der Weg an keiner Seite offen ist - man bekommt natürlich immer Steine, die nicht passen, bzw. die verzweigen und jede Verzweigung muss entweder zugemacht werden oder zum Talisman führen. Die Seele soll nämlich durch das Talisman befreit werden oder so. Im September war ich zu doof für das Spiel und wollte nicht länger üben, weil Kinder hinter mir anstanden. Diesmal war das Museum leerer und ich hatte mehr Zeit. Ich habe es bis in den vierten Level geschafft und bin sogar in der Highscore-Liste gelandet. Es sind manchmal Kleinigkeiten, auf die man besonders stolz ist. ;-)

Kelvingrove Museum mit blühendem Baum
Kaum war Katharina abgefahren, kamen auch schon Rebecca und Anja. Das war ganz praktisch; ich musste die Gästematratze gar nicht wegräumen. Die beiden sind schon sehr Schottland-erfahren, aber hatten wenig bis gar nichts von Glasgow gesehen. Also habe ich versucht, ihnen in wenigen Tagen zu zeigen, dass Glasgow die schönste Stadt Schottlands ist: West End, Innenstadt, Central Station, der Ausblick vom Lighthouse, Kathedrale, Nekropolis, Clyde... Ich war ganz begeistert davon, meine Lieblingsorte im Sonnenschein zu sehen - die Sonne habe ich in letzter Zeit doch schmerzlich vermisst - und ich glaube, meinem Besuch hat es auch gut gefallen. Sie hatten natürlich auch ihre eigenen Ziele. Das Keksregal im Supermarkt zum Beispiel.

Am Karsamstag haben wir einen Ausflug in Richtung Süden gemacht. Gretna Green, Durham und the Angel of the North. Gretna Green ist die Marriage Capital des UKs. Im 18. Jahrhundert sind minderjährige Paare aus England, die ohne Erlaubnis der Eltern heiraten wollten, nach Gretna Green durchgebrannt, weil es in Schottland nicht nötig war, die Einwilligung der Eltern zu haben. Zu dieser Zeit war eine Eheschließung in Schottland gültig, solange das Eheversprechen vor zwei Zeugen ausgesprochen wurde. So konnte im Grunde jeder eine Eheschließung vornehmen. In Gretna Green war es meistens der Schmied, der "anvil priest", weswegen der Amboss auch das Symbol der Hochzeiten in Gretna Green wurde.  In Stolz und Vorurteil wird der Ort auch erwähnt, weil Wickham und Lydia dort vermutet werden. 
Mittlerweile ist das Örtchen ein Touristenziel, auch wenn da immer noch viele Leute heiraten. Um die berühmte Schmiede herum stehen süße weiße Häuschen und niedliche bis kitschige Skulpturen sowie ein Bogen, unter dem sich ganz viele Pärchen küssend fotografieren ließen.
Durham hatte ich schon mal besucht, aber diesmal hatten wir viel mehr Zeit. Außerdem war es hell als wir da ankamen. Rebecca, Anja und ich sind durch die Innenstadt geschlendert bevor wir zu Kathedrale gegangen sind. Die Kathedrale habe ich mir bei diesem Besuch auch viel genauer angesehen als beim letzten. Aber natürlich sind wir auch in den Kreuzgang gegangen, der aus den Harry Potter-Filmen bekannt ist. Wie im Alnwick Castle bekamen wir von unserem Reiseleiter Fotos, die wir mit der Architektur vor Ort ergänzen sollten. Wir hatten aber mehr Spaß daran, sie nachzustellen und Anja hat einen ganz tollen Snape hingekriegt.
Vom letzten Mal wusste ich ja noch, dass der Rasen verboten ist...

Snape erwischt Ginny und eine andere Schülerin ohne Schuluniform
Außerdem hatten wir Glück und das Chapter House war geöffnet. Professor McGonagalls Klassenzimmer. Normalerweise ist das geschlossen, aber das National Youth Orchestra machte in der ganzen Stadt für sein nächstes Konzert und ein Cello-Quartett spielte im Chapter House. Im November hatte ich durch das Fenster gelinst und gedacht, dass es wirklich wie das Klassenzimmer aussieht. Samstag fand ich es nicht mehr ganz so, vermutlich weil der Tisch und der Stuhl abgedeckt waren. Außerdem ist es merkwürdig, Cellisten im Verwandlungsklassenzimmer zu haben.
Im Gift Shop der Kathedrale habe ich außerdem geguckt, wie weit das Lego-Modell ist und sie sind ein ganzes Stück weiter gekommen. Ich fand es besonders toll, dass sie auch den Fußboden und die Orgel nachgebaut haben. Ich weiß nicht, ob mir das beim letzten Mal nicht aufgefallen ist, oder ob das auch neu war.
Der Angel of the North war nur ein Foto-Stopp und ich muss sagen, ich fand die Kelpies beeindruckender. Die Statue hat - laut Wikipedia - auch eine symbolische Bedeutung von wegen coal miners und der Übergang vom industriellen ins Informationszeitalter, aber ehrlich gesagt konnte ich das darin nicht erkennen. 

An Ostern waren wir drei in der St Mungo's Cathedral zum Gottesdienst. Das fand ich auch sehr schön. Der Pfarrer hat über die drei verschiedenen Wörter gesprochen, die in der Ostergeschichte im Johannesevangelum für "sehen" verwendet werden. Einmal im Sinne von "wahrnehmen", dann "wahrnehmen und verstehen" und zum Schluss "wahrnehmen, verstehen und glauben". Letztes Jahr Ostern in Rom, dieses Jahr in Schottland... Ich muss sagen, dass mir der Gottesdienst hier in der Kathedrale besser gefallen hat, als der auf dem Petersplatz. Aber trotzdem, nach zwei Jahren ohne die bekannten Osterlieder muss ich nächstes Jahr wieder in Deutschland feiern. 

Aber mein Post heute heißt ja nicht nur "Besuche" sondern auch "Abschiede". Die Osterferien bedeuten auch, dass Die GETs wieder nach Hause müssen. Amelie also auch. Ich bin nicht gut im Verabschieden und zögere das immer gerne raus, vor allem, wenn es um die Verabschiedung von Leuten geht, die ich mag. Bisher musste ich nur die GETs verabschieden (abgesehen von meine Besuchern, aber das ist ja was anderes) und die habe ich dann einmal in den Arm genommen und "Gute Fahrt" gewünscht. Ganz so, als würden sie nur zum einwöchigen Osterurlaub an die Ostsee aufbrechen.
Von Amelie gab es einen Abschied auf Raten: Abschiedsessen mit den Kolleginnen (vor ihrer letzten Schulwoche), ein letzter gemeinsamer ISUK-Ausflug, Abschiedstrinken mit anderen GETs, Abschiedspubbesuch mit der Scottish Country Dance Society, letzter gemeinsamer Schultag mit Kuchenessen und gestern bin ich mit Amelie, ihrem Freund und ihrer Schwester nach Falkirk, Edinburgh und Stirling gefahren und abends in einen Comedy Club gegangen. Diesmal war es wirklich ein Abschied.
Ich war schon sowohl in Edinburgh als auch Stirling, aber Edinburgh ist immer wieder schön (ich werde sicher nochmal hinfahren) und es schien die Sonne. Bei meinem letzten Ausflug auf den Calton Hill in Edinburgh bin ich schon um das National Monument herum geschlichen und wollte eigentlich gerne drauf klettern, sah aber ein, dass ich das alleine nicht schaffen würde. Ich bin zu klein. Gestern waren wir aber zu viert da und Amelie und ihre Schwester haben mich hochgezogen, während Amelies Freund am Fuß des Denkmals assistierte. Zuerst habe ich micht etwas geziert, weil ich ziemlich Schiss hatte, nicht hochzukommen und mich endlos zu blamieren, aber dann hat es doch super geklappt. Auf der Royal Mile in Edinburgh war ich auch fast versucht, mir einen Koffer im Tartan-Muster zu kaufen, habe mich dann aber doch dagegen entschieden, weil ich fürchtete, dass er trotz des stolzen Preises von 50 Pfund nicht lange halten würde. Auch die Kelpies in Falkirk kannte ich schon, aber wir waren auch beim Falkirk Wheel, einem irren Schiffshebewerk, das wie ein Reisenrad mit nur zwei Gondeln funktioniert und Schiffe von einem höher liegenden Kanal in einen tiefer liegenden transportiert und umgekehrt.
Falkirk Wheel
National Monument in Edinburgh
Robert the Bruce sonnt sich in Stirling
Im Comedy Club trafen wir dann auch Sebastian und seine Freundin sowie einen schottischen Freund von Amelie und Sebastian. Der Abend im Club war lustig. Es traten einige Nachwuchs-Stand up Comedians auf, einige besser als andere und ein Typ aus Yorkshire, den ich gar nicht verstanden habe. Danach gab es einen längeren Auftritt von einem erfahreneren Comedian, der (männlich) einen ziemlich guten Beitrag über die Menstruation und darüber hielt, dass das NHS kostenlos Kondome verteilt, aber Binden und Tampons als Luxusgüter bezeichnet werden. Ich hatte sehr viel Spaß. Aber leider ging der Abend dann auch zuende und der endgültige Abschied nahte. Amelie sagte etwas wie "Lass von dir hören!" und andere Sachen, die normale Menschen zum Abschied sagen. Ich sagte: "Gute Fahrt!" Wie bereits erwähnt, ich bin nicht gut bei Abschieden. Aber ich hoffe auch darauf, dass wir es schaffen, uns in Deutschland mal zu besuchen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen