Donnerstag, 16. April 2015

Irgendwie gestrandet (Orkney Tag 4)



Am vierten Tag habe ich zum ersten Mal seit meiner Ankunft Mainland verlassen. Die Orkney Islands bestehen ja aus vielen kleinen Inseln. Allerdings existieren zwischen Mainland, Burray und South Ronaldsay die sogenannten Churchill Barriers, die Winston Churchill während des zweiten Weltkriegs hat errichten lassen, damit die Deutschen nicht die Orkneys erobern und von dort aus Großbritannien angreifen konnten. Die Barrieren waren ursprünglich dafür gedacht, den Seeweg zwischen den Inseln zu schließen. Im Meer um diese Blockaden liegen deswegen auch immer noch Schiffswracks aus dem zweiten Weltkrieg. Mittlerweile kann man aber über Dämme fahren und so von Insel zu Insel kommen, ohne eine Fähre zu nutzen. Allerdings ist es bei bestimmten Wetterlagen zu gefährlich, über die Barriers zu fahren. Auf den Hinweisschildern steht auch eindeutig, dass das Befahren auf eigene Gefahr ist und als Fußgänger kann man das Überqueren sowieso vergessen (zu viele Autos und zu wenig Bürgersteig).
Zum Glück gibt es Busse, wenn auch nicht zu zahlreich. Einer hat mich zu meinem ersten Ziel gebracht: die Italian Chapel. Als ich davon im Reiseführer gelesen habe, war ich ziemlich baff, was denn eine italienische Kapelle auf einer winzigen Insel zwischen Mainland und anderen kleinen Inseln zu suchen hat. Ich dachte, es sei eine Kapelle im italienischen Stil und dass irgendein Laird aus dem 19. Jahrhundert oder so Spaß gehabt hatte, sich so ein Ding in den Garten zu setzen. Knapp daneben ist auch vorbei.

Die Italian Chapel stammt aus der Zeit während und nach dem zweiten Weltkrieg, als die winzige Insel in Lager für italienische Kriegsgefangene war. Sie haben im Lager viele Sachen aus Beton gebaut (u.a. Bänke, damit sie, wenn das Wetter es zuließ, draußen essen konnten) und fanden irgendwann, dass ihnen eine Kapelle fehlte. Also bauten sie eine Kapelle. Von vorne sieht die Fassade wirklich wie eine Kapelle aus, aber von der Seite ist es ein tunnelförmiges Betongebäude. Auch die Statue vom Heiligen Georg vor der Kapelle ist aus Beton. Außerdem haben die Gefangenen Treibgut – vor allem Holz – verwendet. Das Interessante ist aber, dass die Kapelle von innen so ausgemalt wurde, dass sie tatsächlich wie eine Kapelle aussieht. Steinmauer, Altarbild, Säulen… Alles ist sehr realistisch dargestellt. Das ist wirklich sehr beeindruckend.
Allerdings war ich trotzdem nach einer Viertelstunde mit der Besichtigung fertig und musste 45 Minuten auf den Bus warten. Ich hatte mir zwei Spaziergänge aus dem Walking Tour Guide ausgesucht und fuhr bis Burray, um von dort die unbewohnte Insel Hunda zu besuchen. Ich sollte am Littlequoy Workshop den Causeway (Damm) nehmen, um auf die Insel zu kommen. Diesen Workshop musste ich erstmal finden. Ich bin zwanzig Minuten lang zwischen Bauernhöfen rumgelaufen (es gab nur eine Straße, also wusste ich, dass ich irgendwann ankommen würde) und dachte, dass der Workshop doch irgendwann mit einem Schild gekennzeichnet sein müsste, da er ja anscheinend leicht zu erkennen sein sollte. Ich habe ihn dann gefunden, in dem ich die Insel, die ich besuchen wollte, erkannt habe. Man musste fragen, ob man über den Damm gehen darf, weil oft Schafe darüber getrieben werden. Es war aber nichts für den Tag geplant.
Als ich die Insel betrat, wurde ich von verschiedenen Vogelstimmen begrüßt. Man hatte einen tollen Blick auf die Buchten und auf der Insel wechselten sich braune Heide und grünes Gras ab. Teilweise war es etwas matschig und manchmal musste ich mittendurch, weil es keine Möglichkeit gab, außen rumzugehen. Wie gut, dass meine Wanderschuhe sowieso braun sind.




Nach dem Spaziergang auf Hunda wollte ich eigentlich weiter nach South Ronaldsay fahren und dort zu einem Strand laufen, aber ich hatte leider nicht mit der Lücke im Busfahrplan gerechnet. Marit hatte ich gewarnt. Ich hatte sogar morgens den Busfahrplan fotografiert, aber dummerweise nicht drauf geguckt bevor ich auf Burray aus dem Bus gestiegen bin. Somit habe ich den letzten Bus vor der zweieinhalbstündigen Pause knapp verpasst und das zu spät gemerkt als dass ich den letzten Bus in die andere Richtung hätte nehmen können. Also habe ich zuerst eine Stunde am Straßenrand gewartet. Immerhin schien die Sonne, auch wenn es windig war. Danach bin ich ein Stückchen die Straße entlang gelaufen und habe mich dann in das Wartehäuschen an der Bushaltestelle gesetzt. 
Ja, ich hätte irgendwo zur Küste runtergehen können und mich ans Meer setzen; schließlich war ich auf einer Insel. Aber zuerst dachte ich ja, dass ein Bus kommen würde und wollte den nicht verpassen und später war ich der Meinung, dass es sich nun auch nicht mehr lohnen würde. Zu Fuß gehen konnte ich auch nicht, weil es wie gesagt ziemlich gefährlich wäre, die Churchill Barriers ohne Fahrzeug zu überqueren. Ich habe mich ziemlich über mich selbst geärgert. Aber wer nicht hören will, muss fühlen - oder in meinem Fall warten.

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