Montag, 13. April 2015

Norwegische Verstrickungen (Orkney Tag 1)

Den ersten Tag auf Orkney habe ich in Kirkwall, dem größten Ort der Inseln (ca. 9000 Einwohner) zu verbracht. Aufgrund von Marits Schilderungen hatte ich ihn mir kleiner vorgestellt, als er eigentlich ist, aber gleichzeitig gefürchtet, ich würde mich verlaufen. Na ja, es gibt tatsächlich eine Touristeninformation in Kirkwall und dort konnte man mir zwar keine Postkarten verkaufen, weil die Kasse gestört war, aber doch zumindest einen kostenlosen Stadtplan von Kirkwall und Stromness geben und mir einen Termin für die Besichtigung von Maeshowe organisieren.
Auch ohne Stadtplan hätte ich die St Magnus Cathedral problemlos gefunden. Ich binr schon auf dem Weg zur Touristeninformation an ihr vorbei gelaufen. Es gab eine ganz gute Broschüre, die einen durch die Kathedrale geführt hat. Die ältesten Teile sind aus dem 12., die neusten aus dem 15./16. Jahrhundert (wenn man vom Toilettenanbau aus dem 20. Jh. absieht). St Magnus ist ein norwegischer Heiliger, der von seinem Bruder getötet wurde. Die Kathedrale wurde von seinem Neffen St Rognvald gegründet und Knochen bei der beiden Heiligen befinden sich in der Kirche. 

 
















Ich fand, dass die Kathedrale definitiv Charme hat. Vermutlich wird sie keinen Preis für die eleganteste Kathedrale gewinnen, aber mir hat sie gefallen und es gab auch einige Sachen, die mir ins Auge gefallen sind. Hinter dem Chor befindet sich eine Kapelle mit einem Holzaltar, auf dem ein kleines Wikingerschiff steht. An einer anderen Stelle der Kirche entdeckte ich einen Mann mit Flügelhelm. Außerdem gibt es Haken an den  vier mittleren Säulen, an denen Oliver Cromwell und seine Soldaten ihre Pferde angebunden haben sollen, als sie in Kirkwall waren.

Altar mit Wikingerschiff
Von der Kathedrale aus bin ich zu den Earl's and Bishop's Palaces gegangen - die direkt daneben liegen. Da ich Mitglied bei Historic Scotland bin, konnte ich dort umsonst rein. Die Frau an der Kasse war sehr freundlich und wies mich darauf hin, dass ich nicht aus Versehen in das Gerichtsgebäude gehen solle, weil dort Leute arbeiteten und es nur für "bad boys" sei. Wo die Eingangstür ist, hat sie mir aber nicht gesagt und ich bin erstmal daran vorbei gelaufen. Vermutlich hätte ich ihn schneller gefunden, wenn ich auf den Plan im Guidebook geguckt hätte. Der Palast wurde von Earl Patrick Stewart gebaut. Sein Vater war ein außerehelicher Bruder von Mary Queen of Scots. Beide, Vater und Sohn, waren nicht sonderlich beliebt und ziemlich tyrannisch. Earl Patrick Stewart wurde letztendlich auch wegen Verrat hingerichtet. Vorher aber (ab 1607) hat er sich einen kleinen Palast in Kirwall gebaut; vier Privaträume, einen Saal, ein Zimmer für seinen Stewart, ein Gästezimmer, das als "Doctor's Chamber" bezeichnet wurde. Allerdings wusste niemand genau, wer dieser Doctor war... Wenn das nicht mal eine Steilvorlage für Doctor Who ist. :-D
Earl's Palace
Irgendwann wurde dem Earl der Palast zu klein und er hat noch den Bishop's Palace nebenan annektiert (der war durch die Reformation sowieso schon im Besitz der Familie). Nach seinem Tod ging das Ganze zurück an die Kirche. Heute führt eine Straße zwischen den beiden Palästen hindurch und keiner von beiden hat ein Dach. Auf den Schildern im Earl's Palace stand, dass die Decke früher kunstvoll mit biblischen Motiven bemalt war. Diese Dekoration wurde als bemerkenswert bezeichnet, da die Hinrichtung Patrick Stewarts angeblich verschoben wurde, damit dieser noch Zeit hatte, das Vater Unser zu lernen. Anscheinend fand er die Geschichten wohl spannender als den Rest der Religion.
Der Bishops's Palace wurde im 12. Jahrhundert gebaut und passte damals architektonisch zur Kathedrale. Dreihundert Jahre später ließ der damalige Bischof den Palast renovieren und teilweise neu bauen. König Hakon IV von Norwegen starb 1263 im Bishop's Palace und auch die Leiche der Maid of Norway (Margaret, die siebenjährige Enkelin des schottischen Königs Alexander III. und Prinzessin von Norwegen) wurde dort aufgebahrt. Im Vergleich zum Earl's Palace ist der Bishop's Palace etwas langweilig, aber es gibt einen Turm, von dem man eine gute Sicht über die Stadt hat.

Zum Mittagessen war ich bei Marit. Sie konnte in der Mittagspause nach Hause gehen und hatte noch Suppe im Kühlfach. Danach wollte ich ins Orkney Museum, bin aber mitten in der Mittagszeit da angekommen und habe vorher noch einen Abstecher zum Hafen gemacht. Das Museum widmet sich der Geschichte Orkneys - von der Steinzeit bis heute. Es gab auch tolle Mitmachaktionen für Kinder, auf die ich mich gestürzt habe. Ich habe mich als Archäologin versucht und eine Tasse zusammengeklebt, pitkische Muster mit Wachsmalern von einer Platte auf Papier gerubbelt und meinen Namen in Runen geschrieben. Bei den piktischen Mustern habe ich so viel Papier verbraucht, dass ich fast schon ein schlechtes Gewissen hatte - schließlich war ich nicht die Zielgruppe. Also habe ich etwas in die Spendenbox getan, die die Aufschrift "We cannot promose you a short-cut to heaven but your donation will help keep the museum out of purgatory" trug und - natürlich - in der Mittelalterabteilung stand.
Unter anderem habe ich im Museum gelernt, dass
  • es Igel seit gut 10 mio Jahren gibt und sie damit eine der ältesten Säugetierarten sind
  • Kirkwall ab 1154 zum Erzbistum Trondheim gehörte
  • die Pikten bunte Farben und Designs liebten und Brettspiele mit Vertiefungen hatten, um im Dunkeln oder auf Schiffen spielen zu können
  • Orkney und Shetland 1471 an Schottland annektiert wurden, nachdem Norwegen und Dänemark unter einer Krone vereinigt worden waren
  • "Up to the 15th century some better-off may have imported prefabricated wooden houses from Norway" (meine liebste Erkenntnis) IKEA lässt grüßen! :-D

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