Freitag, 19. September 2014

Doch lieber UK

Das war's dann wohl. Schottland ist nicht unabhängig geworden. Zuerst war ich ein bisschen enttäuscht. Trotz meiner Unentschiedenheit in der Frage hätte ich es cool gefunden, wenn Schottland Yes gewählt hätte. Allerdings denke ich, rational betrachtet ist es besser, dass sie sich für die Union mit England, Wales und Nordirland entschieden haben. Zu viele Sachen waren unsicher. Und auch für mich ist es angenehmer - wer weiß, nachher hätte ich noch nachträglich ein Visum beantragen müssen, weil ich ins UK und nicht in Schottland eingereist bin.
Allerdings hatte ich gedacht, dass es knapper ausgehen würde. Vielleicht klappt es ja später - unter einer anderen Regierung - mal mit der Unabhängigkeit. Mit 45% zu 55% waren die Yes-Anhänger diesmal näher am Ziel als bei dem Referendum vor 25 Jahren. Und aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei.

Ich war gestern mit meiner Mitbewohnerin Hélène und ein paar anderen Franzosen in der Stadt. Wir wollten gucken, was so los ist und ein bisschen feiern. Der George Square war voll mit Leuten, die in Kilts und schottische Fahnen gehüllt waren und die Gesichter blau angemalt hatten. In einem Pub haben wir eine junge Frau getroffen, die sagte, sie hoffe, dass Yes gewinnt, aber glaube, dass es No würde. Sie äußerte auch ihre Bedenken, dass Westminster Schottland ein weiteres Referendum erlauben wird, weil die bösen Engländer (meine Interpretation ihrer Sorgen) jetzt gemerkt hätte, dass die Unabhängigkeit durchaus im Bereich des Möglichen liegt, sie das aber nicht wollen.
Vom Pub sind wir weiter durch die Stadt gelaufen und landeten irgendwann in einer Art Büro der Yes-Kampagne. Zumindest schien es mir so. Die Menschen verfolgten gespannt die Hochrechnungen und zwischendurch gab es einen kurzen Bericht für's Radio. Hélène meinte heute allerdings, dass da auch No-Voters dabei gewesen wären. Also keine Ahnung, wo wir waren.
Ich bin aber auch nicht lange geblieben, weil es mir nicht so gut ging, es schon halb drei Uhr morgens war und mir meine Beine vom Zumba weh taten (Bericht über Zumba folgt). Also bin ich nach Hause gegangen. Am George Square war nicht mehr viel los. Viele waren vermutlich enttäuscht. Ein paar unerschütterliche Gestalten in Saltire Crosses sangen immer noch "Flower of Scotland". Vielleicht ist es für die schottische Identität sogar wichtiger von den grausamen Engländern versklavt zu sein (aka Teil des United Kingdom zu sein) als von dem südlichen Nachbarn unabhängig zu sein. Über wen könnte man sonst jammern? Ich habe angefangen, Doctor Who zu sehen (d.h. ich habe die ersten 4 Folgen der aktuellen Staffel gesehen). Der jetzige Doktor ist Schotte und sagt in einer der ersten Folgen: "I'm Scottish - I can complain about things!" Also wer weiß, vielleicht brauchen die Schotten es ja, sich über die Engländer beschweren zu können und ihre Identität in Abgrenzung von der englischen zu konstruieren.
George Square gegen Mitternacht

2 Kommentare:

  1. Doctor Who, nicht Dr Who ;) aber du musst auch die anderen Folgen mal gucken! Ich mache da gerne mit, falls du damit erst nach Schottland anfangen solltest :D

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    1. Du hast natürlich Recht. ;-) Ich habe es jetzt geändert. Wie du siehst, stehe ich noch ganz am Anfang.

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