Sonntag, 28. September 2014

Inveraray, Glencoe und Glenfinnan Viaduct

Wir haben gerade ein langes Wochenende. Warum, weiß niemand so genau. Der Partner meiner Vermieterin meinte, die Glaswegians bräuchten keinen Grund für Ferien. Jedenfalls sind der Freitag und der Montag frei. Hélène ist ein paar Franzosen zu einem mehrtägigen Ausflug in Richtung Norden aufgebrochen und ich dachte mir, es wäre doch schade, wenn ich das Wochenende nicht zumindest ein bisschen nutzen würde.
Für eine längere Reise, war es zu spät, aber ich habe an einem Tagesausflug der internationalen Studierenden der Uni Glasgow teilgenommen. Als ich das Ziel des Ausflugs las, war klar, dass ich mitfahren musste: "Harry Potter Bridge and Highlands". Zuerst war ich mit trotzdem unsicher, weil ich die Reise zu der Brücke eigentlich mit Annabel machen wollte, die gestern aber nicht konnte. Dann habe ich aber entschieden, dass ich die Lage ja schon mal auskundschaften kann, um später nochmal mit ihr zusammen hinzufahren. Außerdem hatte ich gelesen, dass der Jacobite Steam Train am dem 22. September nicht mehr am Wochenende fährt (erst wieder in der nächsten Saison) und die Brücke ohne Zug macht ja nur halb so viel Spaß.
Das Ticket für die Fahrt musste ich am Mittwoch im Gebäude der Student Union kaufen. Vanessa, meine andere Mitbewohnerin, hat mir den Weg dahin erklärt, aber trotzdem bin ich erstmal daran vorbei gelaufen. Wie der größte Teil der Uni ist das Haus der Student Union schon ziemlich alt und die Raum"nummerierung" genauso. Ich musste das Ticket im "Reading Room" kaufen. Irgendwie passend.
Als ich kurz vor Beginn des Verkaufs da ankam, war schon eine ellenlange Schlange im Reading Room und ich fürchtete schon fast, kein Ticket mehr zu bekommen, aber dann ging erstens alles schneller als gedacht und zweitens bekam ich ohne Probleme noch eine Ticket.

Gestern ging es dann also nach Hogwarts. Der Treffpunkt war morgens Viertel vor acht an der Uni Glasgow. Viel zu früh für meinen Geschmack, aber was tut man nicht alles. die Stimmung im Bus war auch dementsprechend verschlagen, obwohl unsere studentische Reiseleitung sich große Mühe gab, mit uns alles zu reden, auf Dinge, die man aus dem Fenster sehen kann, hinzuweisen und die Fahrt zu einem schönen Erlebnis für uns zu machen. Es gab auch den passenden Soundtrack: Als wir am Loch Lomond vorbeifuhren, wurde eben dieses Lied gespielt, nachdem sie uns von dem Massaker von Glencoe erzählt hatte (der Clan MacDonald wurde von seinen Gästen, der Überlieferung nach Campbell, ermordert, weil sein Oberhaupt den Treueeid auf William of Orange nicht rechtzeitig geleistet hatte), hören wir das Lied "Massacre of Glencoe" und als wir dann tatsächlich nach Glencoe reinfuhren, gab es die Musik von "Skyfall". Der Harry Potter-Soundtrack war wohl auch mit auf der CD, wurde aber aus welchen Gründen auch immer, nicht gespielt.
Inveraray Castle
Der erste Stopp waren die Rest and Be Thankful Mountains - komischer Name, ich weiß - wo wir einen ersten Blick auf die Highlands werfen konnten. Wir blieben aber nicht lange und fuhren direkt weiter nach Inveraray, ein kleines süßes Dorf, dessen Namen ich immer noch nicht ohne Schwierigkeiten aussprechen kann. Da haben wir Halt gemacht und wir konnten uns ein bisschen umsehen. Ich habe mit den Hafen angesehen, über die Einkaufsstraße geschlendert (es gab ein Weihnachtsgeschäft) und wollte in die Kirche gehen, aber sie war leider abgeschlossen. Außerdem gibt es in Inveraray ein Schloss, das in der Weihnachtsfolge 2012 von Downton Abbey zu sehen ist. Das habe ich mir natürlich auch angesehen, allerdings konnte man nicht reingehen, weil da noch Menschen wohnen.
Das nächste Ziel war Glencoe. Nicht nur Ort des Massakers, sondern auch Drehort verschiedener Filme, u.a. Harry Potter und Skyfall. Das Tal ist auch sehr schön. Ich mag die Highlands. Aber die Straße, die dadurch führt, stört irgendwie. Außerdem hätte ich es netter gefunden, da ein bisschen spazieren zu gehen. Wir konnten zwar etwas rumlaufen, aber hatten auch nur 20 oder 30 Minuten Zeit, also lohnte sich das nicht so wirklich.


Zum Mittagessen hielten wir in Fort William, die kälteste Stadt Schottlands, wie uns später gesagt wurde. Da war es auch wirklich frisch und windig. Ich hatte mir etwas zu essen mitgebracht und fand dementsprechen die eine Stunde Mittagspause etwas lang, zumal mir Fort William nicht so gut wie Inveraray gefiel. Der nächste Stopp sollte die "Harry Potter-Bridge" sein. "Diese Aussicht hat Harry also auf dem Weg nach Hogwarts", dachte ich, als ich Schienen neben der Straße sah. Nein, ich bin überhaupt kein Geek. ;-)
Nach 30 oder 40 Minuten Fahrtzeit waren wir endlich da. Der Bus fuhr auf den Parkplatz vom Glenfinnan Viaduct. Zuerst stiegen wir auf den Aussichtspunkt, um uns die Brücke als Ganzes anzusehen. Der Weg nach oben war etwas schlammig und glitschig. Ich hätte meine Wanderschuhe ganz gut gebrauchen können. Oben angekommen konnten wir das Viaduct in ganzer Schönheit betrachtet. Ich hatte mir allerdings was anderes vorgestellt. Irgendwie hatte ich gedacht, die Brücke wäre größer. Außerdem waren wir auf dem Aussichtspunkt relativ weit weg. Unsere Reiseleitung hatte uns aber gesagt, dass wir auch bis zur Brücke hin (und unter ihr hindurch) gehen und sie sogar anfassen könnten. Nach ein paar Fotos bin ich deswegen wieder nach unten gegangen und habe mich auf den Weg gemacht, um mir die Brücke aus der Nähe anzusehen.
Loch Shiel gegenüber vom Viaduct



Unterwegs habe ich Irwin aus den USA getroffen, der auch alleine auf der Fahrt war. Die allermeisten anderen waren als kleine Gruppen angereist. Wir sind dann zusammen weitergegangen und waren unter den ersten die am Fuß der Brücke ankamen. Aus dieser Perspektive sah alles nochmal ganz anders aus, weil ich diesmal erkennen konnte, wie groß die Brücke wirklich ist. Außerdem ist die Landschaft wunderschön.
Nach und nach kamen die anderen Teilnehmer der Fahrt nach. Ein Mädchen ist mir besonders aufgefallen: Sie war sehr gut vorbereitet und hatte einen Ravenclaw-Schal dabei. Ich habe ein Foto von einer Gruppe von überwiegend Deutschen gemacht und habe mich dabei erstmal hingelegt, weil der Boden so glitschig war.
Weil Irwin und ich uns dachten, dass der Wanderweg, der auf unserer Karte vom Viaduct zur Glenfinnan Railstation eingezeichnet war, vermutlich ebenso schlammig sein würde, entschieden wir uns an der Straße entlang zum Bahnhof zu gehen. Auf dem Weg kamen wir an einer kleinen Kirche vorbei. Im Grunde war sie nicht besonders spektakulär, aber ich fand sie vor der Kulisse des Loch Shiels wunderschön.
Der Bahnhof von Glenfinnan ist winzig. Der Jacobite Steam Train fährt da auch durch. Ich dachte eigentlich, dass er gestern nicht fahren würde, aber offenbar ist er doch gefahren. Jedenfalls haben ein paar aus der Gruppe gesagt, sie hätten ihn auf der Brücke gesehen. Da war ich dann ja doch schon neidisch. Auf dem Bahnhof stand auch ein Wagen mit "Hogwartsgepäck" und auch ein Besen gehörte dazu. Die meisten Mädels sind mit ihm in die Luft gesprungen und haben ihre Beine angewinkelt, damit es so aussah, als würden sie fliegen. Das war mir dann doch etwas zu blöd, also habe ich den Besen nur in der Hand gehalten. Danach ging es erst zurück zum Parkplatz am Viaduct (im Shop vom National Trust habe ich mir eine Art Reiseführer zu den Harry Potter-Drehorten gekauft) und dann zurück nach Glasgow.
Auf dem Rückweg habe ich mich dann auch tatsächlich mit meinem Busnachbarn unterhalten. Auf dem Hinweg hat er ziemlich viel gepennt. Diesmal war ich aber ziemlich müde und bin irgendwann eingeschlafen. Es wird in Schottland mittlerweile schon ziemlich zeitig dunkel, also konnte ich eh nicht viel sehen. Nervig war nur, dass ich meinen Schlummer unterbrechen musste, um von der Uni Glasgow zu meiner Wohnung zu kommen.

Warten auf den Hogwarts-Express

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