Samstag, 6. September 2014

Home Sweet Home

Nach einer Woche habe ich endlich eins bekommen - ein Zimmer in Glasgow. Nach vier Wohnungsbesichtigungen habe ich einen Favoriten erkoren und der Mitbewohnerin geschrieben. Und bekam keine Antwort. Bis heute nicht. 
Also habe ich meiner Zweitwahl geschrieben und nach einigem Hin und Her ("Bist du sicher, dass du das Zimmer willst? Es ist sehr weit bis zu deiner Schule." "Ja, ich möchte es trotzdem. Der Weg ist in Ordnung für mich." Hinzugefügt in Gedanken: Ich bin kein Kind mehr, ich bin durchaus in der Lage, diese Entscheidung zu treffen...)  habe ich das Zimmer bekommen.  Es liegt in einer Wohnung, die ich mir mit einer Französischassistentin und einer deutschen Studentin teile. Letztere wohnt aber nicht mehr lange hier. Meine Vermieterin meinte, als sie mir die Wohnung zeigte, dass das Zimmer dann vielleicht leer bliebe. Wir werden sehen. Die französische Mitbewohnerin habe ich schon beim Assistenten-Treffen im Kirchen-Pub kennengelernt (sie war eine von denen, die Englisch gesprochen hat) und ich verstehe mich schon ziemlich gut mit ihr. Als ich am Dienstagabend eingezogen bin, habe ich direkt mit den beiden Mädels zu Abend gegessen und prompt den Anruf meiner Eltern verpasst, weil ich mich in der Küche festgequatscht hatte.
Das Zimmer ist vollmöbliert mit Einzelbett, Schrank, Schreibtisch, Sofa, Sessel und Fernseher. Die Wohnung hat kein Wohnzimmer aber eine Küche, in der man zusammen sitzen kann und das Bad teilen wir uns auch. Ich darf wieder mit Gasherd kochen (yippie), aber im Gegensatz zu dem Gasherd in Spanien muss ich die Flamme nicht mit einem Feuerzeug anzünden, sondern drücke einfach (manchmal mehrmals) auf einen Knopf. Auch zum Duschen muss ich die Flamme nicht immer wieder neu anzünden. In den ersten Tagen hat es mich bei meinem Zimmer etwas genervt, dass meine Zimmertür sich immer von alleine öffnete. Aber ich glaube, ich habe den Trick jetzt raus: Ich muss die Tür richtig feste zudrücken. Zuerst dachte ich ja an Poltergeister. Ist in Schottland sicher möglich. ;-) Meine französische Mitbewohnerin hatte eine eher rationale Erklärung dafür: "I think our flat is not straight. (Pause) It's homosexual. We have a gay flat!" 
Wir hatten am Tag vorher darüber gesprochen, dass meine Schüler beim deutschen Alphabet bei G immer an "gay" denken (weil es teilweise so transkribiert wurde) und ich hatte ihr erzählt, dass bei uns im Französischunterricht in der achten Klasse, die Jungen bei dem französischen Wort "gai" auch an "gay" gedacht (und gekichert) haben. Daraufhin hat sie mir erzählt, dass "gai" im Französischen mittlerweile auch nicht mehr besonders häufig für "fröhlich" verwendet wird, und wir haben darüber nachgedacht, dass "gay" im Englischen früher ja auch diese Bedeutung hatte. Linguistische Gespräche beim Abendessen eben. ;-)

Ich bin auf jeden Fall sehr glücklich mit dem Zimmer. In die Innenstadt brauche ich 10-15 Minuten mit dem Bus und 20-25 Minuten zu Fuß und die Strecke zu Fuß ist auch sehr nett - zumindest, wenn man richtig abbiegt. Ich habe das schon mal vergessen und bin die Busstrecke gelaufen. Die ist weniger schön. Zur Schule ist es weiter. Von Tür zur Tür brauche ich vielleicht eine Dreiviertelstunde und ich muss zwischendurch umsteigen. Aber das ist in Ordnung, finde ich. Es ist mir wichtiger, nahe der Stadt zu wohnen und nicht in der Nähe der Schule, denn die ist wirklich mitten im Nichts. Und obwohl meine Vermieterin durch ihre Sorge etwas bevormundend wirkte, finde ich sie auch sehr nett. Alles im allem war es vielleicht gar nicht so schlecht, dass sich die Mitbewohnerin meiner Favoritenwohnung nicht mehr gemeldet hat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen